# taz.de -- Am Rande des CDU-Parteitags: Merkel im Vergnügungspark
       
       > Die Aussteller sind so etwas wie das Fun-Event eines Parteitags: Auch
       > Angela Merkel kommt sie in Karlsruhe besuchen. Ein Rundgang.
       
 (IMG) Bild: Sie ist überall: Merkel schafft es beim CDU-Parteitag auch als Latte-Art-Bild in die Cappuccinotasse.
       
       KARLSRUHE taz | Tags zuvor hält sie eine Rede über Globalisierung,
       christliche Werte und die Werte Europas, jetzt schüttelt Angela Merkel
       einem Pandabären die Tatze. Es ist der zweite Tag des Bundesparteitags in
       Karlsruhe, die Sitzreihen im Plenarsaal sind noch leer. Jetzt geht es nicht
       um Politik, sondern um die Sponsoren und Aussteller, die sich im Foyer der
       Messehalle präsentieren. Auch die muss eine Bundeskanzlerin zufrieden
       stellen. Sie zahlen viel Geld, sie sind die Finanziers des mehr als zwei
       Millionen Euro teuren Parteitreffens.
       
       Es geht schnellen Schrittes durch das Labyrinth aus Ständen, hinter dem
       Pandabären reckt einer zufrieden den Daumen in die Luft. Die Fotografen
       haben oft genug abgedrückt, Tatze in Merkels Hand ist festgehalten, für
       irgendwen ist das wohl wichtig, im Stechschritt geht es weiter. Merkels
       Leute dirigieren sie zu VW, dort guckt sie auf ein kleines Elektroauto, sie
       nickt, als ein Audi-Mitarbeiter durch die Fensterscheibe auf Lenkrad und
       Radio zeigt.
       
       Worüber sie wohl reden? „Schauen Sie, Frau Bundeskanzlerin, dort sitzt der
       Fahrer, dort ist ein Navi eingebaut“. „Ja“, antwortet Merkel vielleicht,
       „schön blau lackiert“. So genau weiß man es nicht, die Bundeskanzlerin ist
       abgeschirmt von einem Pulk aus Kameras und Mikrofonen, der um das beste
       Bild kämpft. Merkel mit Kaffee-Kapsel-Hostessen. Merkel mit
       Stuckateur-Lehrlingen. Selfies vor Merkel mit Ausstellern.
       
       Hinter dem Medienpulk stehen zwei junge Mitarbeiter der Messe, einen Stapel
       Pappbecher in der Hand, Kaffeekanne im Beutel, sie amüsieren sich über die
       Filmer und Fotografen, die sich in ihrem Krieg um das beste
       Handschüttel-Foto beinahe gegenseitig mit Kabel und Kameras umnieten, über
       die Fotografin, die mit lautem Rums ihre Leiter mitten im Weg platziert.
       „Wenn uns heute Abend jemand fragt, was wir gemacht haben, sagen wir: Wir
       sind Merkel hinterher gelaufen“, sagt Kaffee-Verteiler zu
       Kaffee-Verteilerin.
       
       ## „Probieren sie mal die Nüsschen bei der Bauwirtschaft“
       
       Die Stände der Sponsoren sind so etwas wie das Entertainment-Center eines
       CDU-Parteitags. Die Geflügelwirtschaft verteilt Puten-Burger und die
       Botschaft, das Antibiotika in Mastanlagen ja gar nicht so schlimm seien.
       Bei der Automatenwirtschaft können sich die von den zahlreichen
       Antragsdebatten gelähmten Delegierten wach flippern. Überall riecht es nach
       Waffeln (natürlich in Form der CDU-Lettern), der Stand der Sparkasse ist
       ein beliebter Ort, denn dort gibt es gratis Kaffee.
       
       „Sie sind Vegetarier? Probieren sie mal die Nüsschen bei der
       Bauwirtschaft“, empfiehlt ein Besucher. Parteitagsdauergäste raunen sich
       bis heute zu, wie gut doch die Trüffel-Pasta gewesen sei, neulich, bei der
       CSU. Nur die Mitarbeiter vom WWF und dem Grünen Punkt haben wenig Besuch.
       
       Merkel steht bei einem Stand, der vor Tabak warnt und über Krebs berät.
       Hier gibt es keine Bonbons, keine Spiele, nur Informationen. Die vier Damen
       sind sichtlich nervös, drehen sich professionell ins Kameralicht, schütteln
       Merkels Hand und erklären ihr, wie wichtig es noch immer ist, Raucher
       aufzuklären. Wie sie für den Merkel-Rundgang ausgewählt wurden? „Das wissen
       wir auch nicht“, sagte eine Mitarbeiterin.
       
       Da ist Merkel schon weiter geeilt, zum Nachbarstand, der unübersehbar blau
       im Zentrum des Foyers steht. Der Tabakkonzern Philipp Morris. Die Kameras
       klicken. Das macht Merkel ganz prima.
       
       15 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christina Schmidt
       
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