# taz.de -- Boom der Haustierindustrie: Aus Liebe zu Fiffi
       
       > Hund, Katze und Co. bringen den Herstellern von Haustierprodukten
       > Milliardenumsätze. Im Trend liegen altersgerechtes oder Biofressen.
       
 (IMG) Bild: Frauchen und Herrchen mit ihren Liebsten – für die so mancher Euro ausgegeben wird.
       
       HAMBURG taz | „Haustiere sind für viele ihrer Halter schon fast
       Familienmitglieder“, sagt Mariela Borell vom Zentrum für europäische
       Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Von dieser Tierliebe profitiert
       eine ganze Branche, die alles von Kratzbäumen für Katzen über Aquarien bis
       hin Sittichfutter verkauft.
       
       Neuester Trend: Die Tiergesundheit hat sich zum „Milliardengeschäft“
       entwickelt, hat ZEW-Ökonomin Borell festgestellt. Es gebe ein längst ein
       „verstärktes“ Interesse von Finanzinvestoren an der Branche. „Der
       Wellnessfaktor schwappt vom Menschen aufs Tier über“, beobachtet der
       Präsident des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands
       (ZZF), Norbert Holthenrich. Früher wurden Haustiere „vom Tisch ernährt“,
       von dem, was vom Essen der Menschen übrig blieb. Heute gibt es spezielle
       Tiernahrung: ob artgerecht, altersgerecht oder bio.
       
       „Gut tut uns die gesellschaftliche Entwicklung“, sagt Holthenrich, etwa die
       Verstädterung und der Trend zum Singlehaushalt. Hund, Katze oder
       Kanarienvogel hülfen gegen die weit verbreitete Einsamkeit. Das Heimtier
       habe heute einen ganz anderen Stellenwert in der Gesellschaft als früher.
       
       Längst hat sich rund ums Tier eine eigene Industrie mit Milliardenumsätzen
       entwickelt. Dies spiegelt sich auch am hohen Volumen der Deals wieder.
       Umgerechnet 2,2 Milliarden Euro legte der US-Multi Mars, sonst vor allem
       für seine Süßwaren bekannt, 2014 auf den Tisch, um den Großteil der
       Tierfuttersparte des US-Konsumgüterkonzerns Procter & Gamble zu erwerben.
       Mars gilt heute als größter Anbieter von Tiernahrung weltweit und stellt
       unter anderem die in Deutschland populären Marken „Whiskas“ und „Frolic“
       her.
       
       ## 2015 war Rekordjahr
       
       Das Jahr 2015 verspricht laut Verbandsangaben einen neuen Rekordwert. Rund
       sieben Millionen Hunde leben offiziell in Deutschland – mehr als kleine
       Kinder. Nur die Zahl der Katzen ist noch größer. Über 1,5 Milliarden Euro
       blätterten die Verbraucher allein für Katzenfutter im vergangenen Jahr hin.
       Insgesamt gaben deutsche Verbraucher 2015 für den Heimtierbedarf mehr als 4
       Milliarden Euro aus. Auch für dieses Jahr blickt ZZF-Präsident Holthenrich
       „sehr positiv in die Zukunft“.
       
       Zu den Gewinnern der tierischen Vermenschlichung gehört auch Bayer. Der
       frühere Chemiekonzern in Leverkusen stellte sich im Januar neu auf und
       setzt fortan ganz auf „Life Science“, um die Gesundheit und Ernährung der
       Menschheit zu verbessern. Eine der vier Divisionen ist mit einem
       1,3-Milliarden-Umsatz die Tiersparte für Hundehalter, Ärzte und Imker.
       
       Bayer wolle seine international „führende Position“ im Haustierbereich
       stärken, sagt ein Sprecher. „Dabei setzen wir auf eine Ausweitung unserer
       Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie gezielte Einlizenzierungen
       und Akquisitionen.“ Die lukrative Tierarzneisparte soll offenbar durch
       Zukäufe vergrößert werden.
       
       Am unteren Ende des Größenspektrums siedeln Hundesitter-Portale wie
       „Tierhelden“ oder „Leinentausch“. Sie springen ein, wenn Frauchen krank, in
       Urlaub oder Herrchen einfach zu faul zum Gassigehen ist. Selbst Hebammen
       tummeln sich auf dem wachsenden Tierliebemarkt, genau wie Trainer oder
       spezielle Bäcker für Hundekuchen. Oder Eventmanager, die eine
       Geburtstagsparty für Fiffi organisieren.
       
       Selbst Finanz- und Aufsichtsbehörden, Versicherungskonzerne und Juristen
       profitieren von der Tierliebe der Deutschen. Tiere gehören nämlich
       inzwischen zu den häufigen Streitfällen vor Gericht. Ein Grund ist das
       Bürgerliche Gesetzbuch. Tiere werden danach wie „Sachen“ verhandelt, der
       Eigentümer haftet für Schäden. Von der Haftung ausgenommen sind nur
       Viecher, mit denen der Halter seinen Lebensunterhalt verdient – etwa die
       Rinder eines Landwirts. Aber die gelten nicht als Familienmitglieder.
       
       11 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hermannus Pfeiffer
       
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