# taz.de -- Psychologie der Hunde: Pfiffi ist kein Knuddelbär
       
       > Viele Hunde mögen es nicht, wenn sie von Herrchen oder Frauchen umarmt
       > werden. Ihr Blick verrät: Hoffentlich geht das schnell vorüber.
       
 (IMG) Bild: Und jetzt soll ich dazu auch noch lächeln?
       
       Ihr weiches Fell, der devote Blick, der freudig wedelnde Schwanz – man kann
       gar nicht anders als sie herzen und umarmen. Das ist jedenfalls die
       Überzeugung von vielen Hundefans, die teilweise auch Selfies und andere
       Fotos ins Internet stellen, auf denen sie im zärtlichen Clinch mit ihren
       Lieblingen zu sehen sind. Den meisten Hunden jedoch gefällt das gar nicht,
       wie jetzt der US-Wissenschaftler [1][Stanley Coren] herausgefunden und in
       [2][einem Blog der Zeitschrift Psychology today] veröffentlicht hat.
       
       Der Psychologe durchforstete das Internet mit Begriffen wie „hug dog“ or
       „love dog“, um nach Fotos zu suchen, auf denen ein Hund zärtlich von einem
       Menschen umarmt wird. „Man wird dabei von einem unendlichen Schwall von
       Bildern überrollt“, so Coren. Am Ende entschied er sich nach dem
       Zufallsprinzip für 250, auf denen man deutlich die Körpersignale, vor allem
       aber die Mimik des Hundes sehen und analysieren konnte.
       
       Das Ergebnis war eindeutig. „Ich sah viele glückliche Menschen“, so der
       Psychologe, „aber auch viele unglückliche Hunde.“ Auf knapp 82 Prozent der
       Bilder zeigten die Tiere mindestens ein Zeichen dafür, dass sie sich unwohl
       fühlten. Nur bei 8 Prozent sah man einen Hund, dem offenbar Spaß machte,
       was gerade mit ihm geschah.
       
       Als typische Zeichen für Unwohlsein wertete Coren, wenn der Hund vom
       Umarmenden wegschaute, die Ohren anlegte oder mit der Zunge die Lippen
       beleckte. Ein Hinweis auf Stress oder sogar Angst ist auch, wenn das Tier
       den sogenannten Halbmond-Blick aufsetzt, bei dem die Augäpfel nach oben
       wandern, so dass sich am innen-unteren Augenrand das Weiße in Form einer
       Mondsichel zeigt. Die meisten Menschen finden diesen devoten Blick
       niedlich, doch in der Hundesprache steht er eher für ein flehendes „Bitte
       lass es schnell vorübergehen“.
       
       ## Hund können auch beißen
       
       Coren betont, dass seine Befunde mit der Einschätzung von Zoologen und
       Verhaltensforschern übereinstimmen. Diese warnen schon länger vor einem
       allzu übergreifenden Herzen der Hunde. „Denn sie sind von Natur aus
       Lebewesen, die fürs schnelle Laufen geschaffen wurden“, so Coren. Was auch
       bedeutet, dass sie darauf geeicht sind, bei Gefahr erst einmal das Weite zu
       suchen, und dementsprechend alles, was sie daran hindert, als Bedrohung
       empfinden.
       
       „Das Umarmen ist eine Einschränkung der Bewegungsreiheit und damit eine
       Bedrohung“, so der Psychologe. Es sei daher kein Wunder, dass Hunde sich
       dabei unwohl fühlen. Schlimmstenfalls würden sie gar zur gewaltsamen
       Gefahrenbewältigung greifen – dem Einsatz der Zähne. „Nicht wenige Menschen
       werden beim Umarmen ihres Hundes gebissen“, betont Coren.
       
       Er rät Hundehaltern, die Aversionen ihrer Lieblinge gegen das Umarmen zu
       respektieren. „Sie sind Tiere, keine Kinder“, so Coren. Es gibt ja noch
       genug andere Möglichkeiten, dem Vierbeiner seine Sympathie zu zeigen. Wie
       etwa das Streicheln, Kraulen und Verabreichen von Leckerlis. Der Mensch mag
       es ja auch, wenn man ihn zum Essen einlädt.
       
       29 Apr 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://en.wikipedia.org/wiki/Stanley_Coren
 (DIR) [2] https://www.psychologytoday.com/blog/canine-corner/201604/the-data-says-dont-hug-the-dog
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Zittlau
       
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