# taz.de -- „Völkisch“ als Abgrenzungsbegriff: Deutschtümeln für Anfänger
       
       > AfD und Pegida haben ein „völkisches“ Politikverständnis. Aber was heißt
       > das eigentlich? Eine Wortkunde.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur die Rechtschreibung ist veraltet: die „völkische“ Bewegung patriotischer Sachsen-Europäer
       
       Das Wort ist nicht mehr sehr geläufig, vor allem wird es als
       qualifizierende Beifügung, als Adjektiv nicht mehr genutzt, weil es als
       anrüchig gilt, und zwar zu Recht: VÖLKISCH. Es meint eine Gruppe von
       Menschen, die als ethnisch einheitlich begriffen werden sollen.
       
       Das Problem: Das „Volk“ ist von jenen Interpreten, die das Tun und Fühlen
       vom „Volk“ deuten, als mit der Nation synonym fantasiert worden. Das heißt:
       Volk sind nur jene – nicht nur Männer und Frauen von der Maas bis an die
       Memel, sondern alle, die sich vom sogenannten Blut her als Deutsche,
       deutschtümelnd verstehen.
       
       Historisch galt der Volksbegriff, im 19. Jahrhundert entstanden,
       deutscherseits als alle betreffend, die irgendwo in der Welt in kultureller
       Hinsicht deutsch empfanden. Aus dem ethnischen Verständnis erwuchs, vor
       allem bei Nationalisten und in Kreisen, aus denen die
       nationalsozialistische Bewegung hervorging, ein völkisches: Alle, die nicht
       wie Deutsche aussahen, waren ausgeschlossen.
       
       In Frankreich war das Verständnis ein anderes: Wer einen französischen Pass
       hatte, galt als Franzose, gleich, welcher Hautfarbe und aus welchen
       kulturellen Urgründen diese Person schöpfte.
       
       ## „Volk“ als Begriff der Ausschließung
       
       Die Bewegung der Pegist*innen ist völkisch von lupenreiner Sorte. Sie
       glauben, das sogenannte Volk zu repräsentieren, sprechen gegen alle
       anderen. Vor allem gegen die Medien, die sie als „Lügenpresse“ wahrnehmen.
       Eine Vokabel im übrigen, die unter den Nazis gegen demokratische
       Publizistik verwendet wurde, gegen ausländische Medien.
       
       Für Pegida wie für die AfD in weiten Teilen (vor allem nach der Abspaltung
       des Bernd-Lucke-Flügels) kann ein völkisches Politikverständnis
       diagnostiziert werden. Sie sind nationalsozialistischen
       Gesellschaftsvorstellungen näher als demokratischen, die immer auf
       Diversität setzen, nicht auf das, was sie ethnisch homogen fantasieren.
       
       Das Wort „völkisch“ funktioniert in einem Land besonders nicht: in den USA.
       Dort hat noch niemand auch nur näherungsweise eine Präsidentschaft
       gewonnen, der ethnisierend-ausgrenzend gewahlkämpft hätte. „Volk“ als
       Begriff der Ausschließung passt prinzipiell zum Gesellschaftsverständnis
       dort nicht: Alle können dazu gehören, einerlei, welche Geschichten sie in
       ihre neue Heimat, america, mitgebracht haben.
       
       8 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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