# taz.de -- Schreddern männlicher Eintagsküken: Erste Klage gegen Brüterei
       
       > Geflügelhalter müssten nicht mehr systematisch männliche Küken töten,
       > Alternativen stehen bereit.
       
 (IMG) Bild: Eins von 50 Millionen: Männliches Küken
       
       BERLIN taz | Etappensieg für die Tierrechtsorganisation Peta: Die
       Staatsanwaltschaft Münster hat Anklage gegen den Geflügelzuchtbetrieb
       Brinkschulte im westfälischen Senden erhoben, weil dieser systematisch
       männliche Küken töte und damit gegen das Tierschutzgesetz verstoße. Nun
       prüft das Landgericht Münster, ob es ein Verfahren zulässt. „Die
       Staatsanwaltschaft sendet ein klares Signal an die Behörden, den
       Gesetzgeber und die Branche, dass das Kükentöten strafbar ist“, sagt Edmund
       Haferbeck von Peta, „auch wenn es alle machen.“
       
       Rund 50 Millionen männliche Küken werden jährlich in Deutschland vergast
       oder geschreddert, weil die Betriebe keine wirtschaftliche Verwendung für
       sie haben – obwohl das Tierschutzgesetz mit Freiheitsstrafe droht, wenn ein
       Tier „ohne vernünftigen Grund“ getötet wird. Peta hatte Anfang 2015 rund 20
       Brütereien in ganz Deutschland angezeigt, die meisten Staatsanwaltschaften
       hatten die Ermittlungen jedoch eingestellt. Laut Peta argumentierten sie
       dabei mit „geringer Schuld“ oder mit dem sogenannten „Verbotsirrtum“: Weil
       Behörden und Regierungen das Kükentöten billigten, seien die Betriebe sich
       über das Verbotene ihrer Taten nicht bewusst.
       
       ## Seit Jahren diskutiert die Branche
       
       Dabei wird die Praxis seit Jahren diskutiert. NRW war 2013 damit
       gescheitert, sie zu verbieten. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian
       Schmidt (CSU) will das Schreddern bis 2017 beenden. Er setzt auf eine
       Methode, mit der schon kurz nach dem Legen des Eis das Geschlecht des
       Tieres erkannt werden kann, männliche würden gleich aussortiert. Während
       diese Methode noch nicht praxistauglich ist, stehen andere Konzepte bereit,
       die jedoch durch Schmidts Ankündigungen blockiert werden.
       
       „Die ganze Branche wartet ab“, beschreibt Jochen Dettmer die Lage. Der
       Geschäftsführer des Vereins „Neuland“, der für eine artgerechte
       Nutztierhaltung eintritt, setzt auf Zweinutzungshühner, die sowohl Eier als
       auch Fleisch liefern. Seit den 60er Jahren wurden die vorhandenen Rassen zu
       Spezialisten gezüchtet. Ein Masthähnchen erreicht heute schon nach rund
       vier Wochen sein Schlachtgewicht, eine Legehenne bringt es auf bis zu 330
       Eier im Jahr.
       
       ## Von beidem etwas weniger
       
       Zweinutzungshühner legten weniger - etwa 250 Eier pro Jahr - und brauchten
       länger bis zur Schlachtreife - etwa zweieinhalb Monate -, so Dettmer. Doch
       entstammten „die extrem leistungsfähigen Tiere Qualzuchten“, sagt er, „da
       müssen wir sowieso weg von.“ Der deutsche Marktführer Lohmann
       Geflügelzucht, auch international eine Größe, hat längst ein
       Zweinutzungshuhn namens „Dual“ im Angebot.
       
       Auf neue Hühnerrassen setzen auch die Anbauverbände Bioland und Demeter,
       die eine GmbH zur „Ökologischen Tierzucht“ gegründet haben, um ihren
       Mitgliedsbauern Zweinutzungshühner anbieten zu können. Es gelte, Tiere zu
       entwickeln, die eine annehmbare Legeleistung von etwa 240 Eiern und auf der
       männlichen Seite eine Lebendgewichtsentwicklung von rund drei Kilo in 18
       Wochen erreichen können, beschreibt die GmbH ihr Zuchtziel.
       
       ## Es lebe der Bruder der Legehenne
       
       Ein Weiteres Erfolgsbeispiel ist die Initiative „Bruderhahn“; die
       zugehörigen Höfe subventionieren ihr Hähnchenfleisch durch höhere
       Eierpreise quer. Sie werde klug vermarktet und laufe sehr erfolgreich, sagt
       Martin Schulz, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
       Landwirtschaft. Das Projekt sei ein Beispiel dafür, wie das erschütterte
       Vertrauen der Verbraucher in die Tierhaltung zurück gewonnen werden könne,
       so Schulz.
       
       Peta sieht sich durch die Anklage der Münsteraner bestätigt und will in den
       nächsten Wochen erneut gegen die Betriebe Anzeige erstatten, gegen die die
       entsprechenden Staatsanwaltschaften die Ermittlungen schon eingestellt
       hatten.
       
       14 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Holdinghausen
       
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