# taz.de -- Datenschutz im Internet: Unbeobachtet unter Beobachtung
       
       > Der EuGH muss entscheiden, wie weit das Tracking von Internetnutzern
       > gehen darf. Es geht um die Frage, wie anonym wir uns im Netz bewegen.
       
 (IMG) Bild: Das fiese am Tracking: Die NutzerInnen bekommen es nur selten mit.
       
       BERLIN taz | Wer im Internet unterwegs ist, ist selten anonym.
       Webseitenbetreiber verfolgen NutzerInnen anhand von Browsermerkmalen,
       setzen Cookies oder speichern IP-Adressen. Über Letzteres muss in den
       kommenden Monaten der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden – am
       Donnerstag findet die mündliche Verhandlung statt. Das Urteil wird
       weitreichende Auswirkungen auf die Überwachung von NutzerInnen im Netz
       haben.
       
       Geklagt hatte der schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete Patrick
       Breyer (Piraten). Er störte sich daran, dass bei mehreren Webseiten des
       Bundes die IP-Adressen von NutzerInnen, die die Seiten ansurfen,
       gespeichert werden. Eine IP-Adresse ist quasi die Anschrift eines
       Computers, unter der er von außen erreichbar ist.
       
       Zwar steht in der aus vier bis acht Ziffernblöcken bestehenden Zeichenfolge
       kein Name und bei Privatanschlüssen wechseln die Adressen in der Regel ab
       und an. Doch Provider, wie etwa die Telekom, können die Verbindung leicht
       herstellen, auch für einige Tage bis Wochen in die Vergangenheit.
       
       Es ist daher vor allem eine wesentliche Frage, die das Gericht beantworten
       muss: Sind IP-Adressen – auch wenn sie nicht direkt Rückschlüsse auf die
       Identität des Nutzers zulassen – so persönlich, dass sie nicht einfach so
       gespeichert werden dürfen?
       
       ## Rückendeckung von EU-Kommission
       
       Kläger Breyer meint: Ja. Schließlich werde die Adresse nicht allein
       gespeichert. „Sie ist verknüpft mit den Inhalten, die ich von der Webseite
       abgerufen habe, und mit Begriffen, die ich in eine Suchmaske eingebe.“ Dazu
       die Zeitpunkte von Seitenaufrufen – das kann etwa Rückschlüsse darüber
       erlauben, ob hier jemand privat oder beruflich unterwegs ist. So schloss
       etwa bereits das BKA von Besuchern der eigenen Webseite auf mutmaßliche
       Straftäter. Und auch Besucher von Suchthilfe- oder Schuldnerberatungsseiten
       möchten vielleicht lieber unerkannt bleiben.
       
       Rückendeckung bekommt Breyer von der EU-Kommission: Die kommt in einem
       Gutachten zu dem Schluss, dass IP-Adressen sehr wohl dem Datenschutz
       unterliegen und daher nicht einfach so gespeichert werden dürfen.
       Schließlich komme es nicht darauf an, ob der Betreiber der Webseite direkt
       weiß, wer sich hinter der Adresse verbirgt. Es reiche, dass der zugehörige
       Nutzer durch eine Anfrage beim Provider identifizierbar ist.
       
       Sieht es das Gericht genauso, müssten nicht nur Ministerien die digitale
       Verfolgung der WebseitennutzerInnen einschränken, sondern ebenso
       Unternehmen. Das beträfe sowohl Betreiber von Webseiten als auch Firmen,
       die sich darauf spezialisiert haben, über mehrere Webseiten hinweg das
       Surfverhalten zu verfolgen und somit Nutzerdaten zu sammeln – etwa für
       zielgerichtete Werbung oder die Einschätzung der Kreditwürdigkeit.
       IP-Adressen inklusive. Zumindest die müssten dann wegfallen, was eine
       Identifizierung von NutzerInnen erschweren würde.
       
       Die Bundesregierung verteidigt in einer Stellungnahme an das Gericht ihre
       Praxis: Wenn sie die IP-Adressen von Besuchern speichere, wisse sie noch
       lange nicht, wer hinter einer Adresse stecke. Außerdem verwende sie
       keinerlei zusätzliche Tracking-Mechanismen, etwa Cookies.
       
       Das ficht Breyer nicht an. Er hält die IP-Adressen für die
       problematischsten Informationen – aus zwei Gründen. „Für Normalnutzer ist
       es nicht praktikabel, sich mit technischen Mitteln zu wehren.“
       Entsprechende Anonymisierungsdienste verlangsamen das Surfen deutlich,
       mitunter kosten sie auch Geld. Dazu komme: Mittels Cookies könne man zwar
       NutzerInnen verfolgen und auseinanderhalten. Doch der sicherste Weg, um den
       Namen herauszukriegen, sei immer noch die IP-Adresse.
       
       24 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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