# taz.de -- Speicherung von IP-Adressen: Dämpfer für den Datenschutz
       
       > Webseitenbetreiber dürfen weiter die IP-Adressen ihrer Kunden
       > aufbewahren. Ein Gutachter des Europäischen Gerichtshofs gibt sein Okay.
       
 (IMG) Bild: Was da alles an privaten Daten durchgeht
       
       KARLSRUHE taz | Deutschland darf Webseitenbetreibern die Speicherung von
       IP-Adressen nicht generell verbieten. Zu diesem Schluss kommt Generalanwalt
       Manuel Campos Sanchez-Bordona in seinem Gutachten für den Europäischen
       Gerichtshof (EuGH). Die Frage betrifft alle Webseitenbetreiber.
       
       Derzeit speichern die meisten Internetseiteninhaber für eigene Zwecke die
       IP-Adressen ihrer Nutzer. Sie wollen damit zum Beispiel die Seiten gegen
       Hacker-Angriffe schützen. Um Straftaten aufzuklären, kann die Polizei die
       IP-Adressen jedoch herausverlangen. Durch Abfrage bei den Internetfirmen
       kann die Polizei dann die IP-Adresse dem Inhaber des Internetanschlusses
       zurechnen. Mit der geplanten Vorratsdatenspeicherung wird dies zehn Wochen
       lang möglich sein.
       
       Der Kieler Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer will erreichen, dass
       Webseitenbetreiber die IP-Adressen der Nutzer nicht mehr speichern. Er
       glaubt, dass die Speicherung von IP-Adressen einschüchternde Wirkung hat
       und das unbeschwerte anonyme Surfen im Internet behindert. Breyer hat
       deshalb die Bundesregierung verklagt, weil auch viele Ministerien auf ihren
       Seiten IP-Adressen speichern. Der Streit betrifft aber auch die Webseiten
       aller Unternehmen und Privatpersonen.
       
       Breyer berief sich auf das deutsche Telemediengesetz. Danach sind
       personenbezogene Daten der Nutzer nach Abschluss der Verbindung zu löschen,
       wenn sie nicht für eine Abrechnung benötigt werden – was aber beim Besuch
       von Webseiten meist nicht der Fall ist. Die Bundesregierung argumentierte,
       die IP-Adressen (etwa 217.238.19.37) seien gar nicht personenbezogen, da
       sie bei jeder Einwahl ins Internet neu vergeben werden.
       
       Der Streit ging bis zum Bundesgerichtshof, der den Fall 2014 dem EuGH
       vorlegte, damit dieser das deutsche Gesetz im Lichte der
       EU-Datenschutz-Richtlinie von 1995 auslege. Zur Vorbereitung des
       EuGH-Urteils hat nun Generalanwalt Campos Sanchez-Bordona seinen
       Schlussantrag veröffentlicht.
       
       Dabei gab der Generalanwalt dem Piraten Breyer nur teilweise recht. Die
       IP-Adressen seien zwar personenbezogen, weil sie mit Hilfe der
       Internetprovider einem Anschlussinhaber zugerechnet werden können.
       Allerdings sei das deutsche Telemediengesetz zu „restriktiv“. Die
       EU-Richtlinie erlaube auch bei einem „berechtigten Interesse“, Daten zu
       speichern. Das müsse auch für Webseitenbetreiber gelten. Das deutsche
       Gesetz müsse erweiternd ausgelegt werden, so der Generalanwalt. Der BGH
       müsse zwischen Breyers Grundrechten und den Interessen der Webseiteninhaber
       abwägen. Wie, das blieb offen.
       
       Ob der EuGH der Empfehlung des Generalanwalts folgt, wird sich in einigen
       Monaten zeigen. Patrick Breyer hofft, dass der EuGH strenger ist.
       
       13 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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