# taz.de -- EuGH-Urteil zur Datenspeicherung: Die Polizei wird sich freuen
       
       > Betreiber von Internetseiten dürfen IP-Adressen aufzeichnen. Kritiker
       > sehen darin eine private Vorratsdatenspeicherung.
       
 (IMG) Bild: Achtung Smartphone-User, jetzt wird alles aufgezeichnet
       
       FREIBURG taz | IP-Adressen sind personenbezogene Daten. Das hat jetzt der
       Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Dennoch dürften
       Webseitenbetreiber die IP-Adressen der Besucher speichern, wenn sie ein
       „berechtigtes Interesse“ daran haben. Das deutsche Telemediengesetz sei
       bisher zu streng ausgelegt worden.
       
       Derzeit speichern die meisten Internet-Seiteninhaber die IP-Adressen ihrer
       Nutzer. Sie wollen damit zum Beispiel die Seiten gegen Hacker-Angriffe
       schützen und die Strafverfolgung von Angreifern erleichtern. Der Kieler
       Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer sieht darin jedoch eine Art private
       Vorratsdatenspeicherung. Er glaubt, dass die Speicherung von IP-Adressen
       einschüchternde Wirkung hat und das unbeschwerte anonyme Surfen im Internet
       behindert. „Niemand hat das Recht, alles, was wir im Netz machen,
       aufzuzeichnen“, so Breyer.
       
       In einem Musterprozess hat Breyer deshalb die Bundesregierung verklagt,
       weil auch viele Ministerien auf ihren Seiten IP-Adressen speichern. Breyer
       berief sich dabei auf das deutsche Telemediengesetz. Danach sind
       personenbezogene Daten der Nutzer nach Abschluss der Verbindung zu löschen,
       wenn sie nicht für eine Abrechnung benötigt werden – was aber beim Besuch
       von Webseiten meist nicht der Fall ist.
       
       Die Bundesregierung argumentierte, die IP-Adressen (etwa 107.231.37.19)
       seien gar nicht personenbezogen, da sie bei jeder Einwahl ins Internet neu
       vergeben werden. Der Streit ging bis zum Bundesgerichtshof, der den Fall
       2014 dem EuGH vorlegte, damit dieser das deutsche Gesetz im Lichte der
       EU-Datenschutz-Richtlinie von 1995 auslege.
       
       ## Zurück zum Bundesgerichtshof
       
       Der EuGH gab dem Piraten Breyer nun zunächst recht. Die IP-Adressen seien
       tatsächlich personenbezogen, weil sie mithilfe der Internet-Provider einem
       konkreten Anschlussinhaber zugerechnet werden können.
       
       Allerdings, so der EuGH weiter, werde das deutsche Telemediengesetz zu eng
       ausgelegt. Die Richtlinie der Europäischen Union erlaube auch bei einem
       „berechtigten Interesse“, Daten zu speichern. Das müsse auch für
       Webseitenbetreiber gelten, die IP-Adressen speichern. So könne es ein
       berechtigtes Interesse sein, die Funktionsfähigkeit von Webseiten zu
       schützen. (Az.: C-582/14)
       
       Der Fall geht nun an den BGH zurück. Dieser muss dann zwischen Breyers
       Grundrechten und den Interessen des Bundes als Webseiten-Inhaber abwägen.
       Es ist unwahrscheinlich, dass Breyer hier Erfolg haben wird.
       
       Über das EuGH-Urteil dürfte sich auch die Polizei freuen. Denn wenn die
       Webseitenbetreiber IP-Adressen zu eigenen Zwecken speichern, können
       Ermittler im Bedarfsfall darauf zugreifen. Mithilfe der Internet-Provider
       können sie die IP-Adresse dann konkreten Nutzern zuordnen. Aufgrund der
       Vorratsdatenspeicherung, die bei den Providern ab Juli 2017 beginnt, soll
       dies mindestens zehn Wochen lang möglich sein.
       
       19 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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