# taz.de -- Handelsprofessor über Edeka und Kaiser’s: „Eine Zerschlagung ist unrealistisch“
       
       > Das Unternehmen Edeka wächst durch die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann
       > weiter. Jörg Funder über Marktmacht, Kunden und Konkurrenz.
       
 (IMG) Bild: Der Experte findet: Die Übernahme ist eher keine so gute Idee
       
       taz: Herr Funder, Edeka wird Kaiser‘s Tengelmann übernehmen. Wird dann die
       Butter teurer? 
       
       Jörg Funder: Langfristig ist das gut möglich. Denn im
       Lebensmitteleinzelhandel ist der Markt mittlerweile so konzentriert, dass
       das nicht mehr zum Wohl des Kunden ist. Und je weniger Wettbewerber es
       werden, desto ungünstiger für die Konsumenten.
       
       Wie konnte es dazu kommen, dass so wenige Unternehmen den Markt dominieren? 
       
       Das ist eine Entwicklung, die insbesondere in den vergangenen 20 Jahren
       zustande gekommen ist. Einer der Auslöser waren die Discounter: Sie haben
       für einen extremen Preisdruck gesorgt. Der führte dazu, dass immer weniger
       Anbieter mithalten konnten und es zahlreiche Übernahmen gab, um die Kosten
       weiter zu senken. Die Konzentration ist damit auch vom Konsumenten mit
       verursacht, der nicht bereit war, für Lebensmittel einen adäquaten Preis zu
       zahlen.
       
       Der Kunde ist schuld – ist das nicht ein bisschen einfach? 
       
       Natürlich hätte man in der Vergangenheit auch den ein oder anderen
       Zusammenschluss verhindern können. Zum Beispiel die Übernahme von Plus
       durch Netto …
       
       … der ja ebenfalls zu Edeka gehört. 
       
       Und dass die Situation so ist, wie sie ist, liegt auch an den Händlern, die
       es anscheinend nicht geschafft haben, eine Leistung zu bieten, für die der
       Kunde auch etwas mehr ausgeben würde.
       
       Lässt sich die Konzentration wieder auflösen? 
       
       Der einzige Weg wäre, Unternehmen zu zerschlagen. Das halte ich nicht für
       realistisch. Wir werden also mit diesen Marktstrukturen leben müssen.
       
       Wird es für Kunden billiger, leiden die Produzenten. Wer wird die Übernahme
       stärker zu spüren bekommen? 
       
       Definitiv die Lieferanten. Je mehr Macht wir bei den Händlern haben, desto
       stärker werden sie diese Macht auch nutzen. Ein Vergleich: Der größte
       Konsumgüterhersteller Deutschlands, die Nestlé-Gruppe, ist immer noch mehr
       als zehnmal kleiner als der größte Lebensmitteleinzelhändler, also Edeka.
       
       Gerade in Ballungsräumen eröffnen immer mehr Biomärkte – könnte die neue
       Konkurrenz ein Weg aus der Konzentration sein? 
       
       Tatsächlich wenden sich Kunden gerade etwas von den Discountern ab und sind
       bereit, mehr für Produkte zu zahlen, die sie zum Beispiel als gesund
       ansehen. Aber wer da gewinnt, das sind vor allem die Supermärkte. Die
       Edeka-Gruppe generiert mehr als 50 Milliarden Euro Jahresumsatz, Rewe ist
       nur ein bisschen kleiner. Da kommen neue Anbieter nicht auch nur in die
       Nähe. Die Biomärkte werden eher eine Nische bleiben. An den Marktstrukturen
       verändern sie nichts.
       
       Die Ministererlaubnis, die die Übernahme möglich macht, sieht bestimmte
       Vorgaben vor, etwa Garantien dafür, Arbeitsplätze und Filialen von Kaiser‘s
       Tengelmann zu erhalten. Ist das realistisch? 
       
       Das ist Wunschdenken. Es wird natürlich zu Entlassungen und
       Arbeitsplatzverlusten kommen. Alles, was die rückwärtigen Prozesse angeht,
       Logistik, Einkauf, Außendienst – das wird zurückgefahren werden. Und was
       die Garantie angeht – bei Karstadt kam es dann eben nach der
       Stillhaltefrist zu Entlassungen. Genau das Gleiche wird hier auch
       passieren.
       
       Seit Jahren gibt es einen Schattenkonkurrenten im Lebensmittelmarkt:
       Amazon. Immer wieder gibt es Gerüchte, dass der US-Händler auch in
       Deutschland Lebensmittel verschicken wird. 
       
       Ja, Amazon wird das sicher versuchen. Ich vermute aber, dass dieser Markt
       eine Nische bleibt.
       
       Warum? 
       
       Weil die Margen so extrem niedrig sind. Da werden pro hundert Euro Umsatz
       nur ein Euro oder weniger verdient. Das lässt solche komplexen Prozesse wie
       Lieferungen überhaupt nicht zu. Das heißt: Lieferangebote wird es vor allem
       in Ballungsräumen geben.
       
       Also dort, wo die Versorgung mit Lebensmitteleinzelhändlern eh gut ist. 
       
       Genau. Vielleicht wird es relevanter bei haltbaren Produkten, also H-Milch
       oder Drogerieartikeln. Aber Erdbeeren können Sie im Sommer schon im Regal
       beim Faulen zusehen. Und die sollen in den Lieferwagen? Das sehe ich nicht.
       
       23 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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