# taz.de -- Kali & Schmutz: Salz-Poker verloren
       
       > Salzhersteller K+S will Abfälle lieber per Pipeline nach Niedersachsen
       > schicken als weitere Weser-Versalzung zu verhindern
       
 (IMG) Bild: Fortschritt: Statt in die Werra will K+S seine Abwasser künftig bis in die Weser leiten
       
       HANNOVER taz | Die Versalzung der Weser sorgt für Ärger in Niedersachsens
       rot-grüner Regierungskoalition. Der SPD-Abgeordnete Ronald Schminke sagte
       der taz, der grüne Umweltminister Stefan Wenzel habe bei den
       länderübergreifenden Verhandlungen zum „Masterplan Salzreduzierung“, der
       die Belastung der Flüsse Werra und Weser bis 2027 halbieren soll, schlecht
       gepokert. Der Grüne habe damit gegen von der Opposition mitgetragene
       Landtagsbeschlüsse verstoßen.
       
       Das Landesparlament habe sich klar gegen die sogenannte Oberweserpipeline
       ausgesprochen, mit der der hessische Salz- und Düngemittelproduzent K+S
       umweltschädliche Salzlaugen am hochbelasteten Fluss Werra vorbei kurz vor
       der niedersächsischen Landesgrenze in die Weser leiten will, ärgert sich
       Schminke. In dem Masterplan, den Wenzel mit seinen grünen
       UmweltministerkollegInnen aus Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bremen und
       Thüringen ausgehandelt hat, taucht das Abwasserrohr, mit dem K+S seine
       Abfälle den Niedersachsen vor die Füße kippen will, trotzdem als Option
       auf.
       
       „Bis 2018“ ist in dem „detaillierten Maßnahmenprogramm“, das der taz
       vorliegt, die „Planung und Vorbereitung eines Genehmigungsverfahrens zum
       Bau eines Werra-Bypasses“ vorgesehen – mit der Inbetriebnahme sei
       „gegebenenfalls 2021“ zu rechnen. Eine „Mogelpackung“ sei der Masterplan
       deshalb, kritisiert Sozialdemokrat Schminke, der selbst aus Hann. Münden an
       der Oberweser stammt. Ähnlich äußern sich auch die Umweltschützer der
       Werra-Weser-Anrainerkonferenz: Umweltminister Wenzel habe seine hessische
       Kollegin und Parteifreundin Priska Hinz, „aber nicht die Umwelt“ geschützt,
       poltern sie – die „Verklappung der K+S-Abwässer“ sei jetzt „behördenwirksam
       abgesichert“.
       
       Denn die in einer schwarz-grünen Koalition regierende Hinz steht massiv
       unter Druck. K+S ist der größte Salzhersteller der Welt, bietet im
       strukturschwachen Nordhessen mehr als 5.000 gut bezahlte Arbeitsplätze. Zur
       Gewinnoptimierung entsorgt der Konzern seit mehr als 100 Jahren Millionen
       Kubikmeter Abfälle über die Flüsse Werra und Weser – oder verpresst die
       stark salzhaltigen Abwässer direkt in den Boden. Die Folge sind massive
       Umweltschäden (siehe Kasten).
       
       Doch der Grüne Wenzel will die koalitionsinterne Kritik nicht auf sich
       sitzen lassen. Die Salzpipeline sei gegen den Willen Niedersachsens in den
       Masterplan gelangt, argumentiert sein Ministerium – für den Fall, dass
       andere Maßnahmen wie eine Einlagerung unter Tage nicht umsetzbar seien.
       Niedersachsen lehne den Werra-Bypass ab und habe dies auch im Masterplan
       „verankert“, versichert auch Wenzel selbst: 2018 gebe es erneut die
       Gelegenheit, die Pipeline abzulehnen.
       
       Kritiker wie der Sozialdemokrat Schminke aber bezweifeln genau das. „Diese
       Protokollnotiz ist rechtlich nichts wert“, meint er. K+S spiele auf Zeit:
       Direkt nach Verabschiedung des Masterplans sei das Raumordnungsverfahren
       für den Bau der Pipeline wieder aufgenommen worden. „Die verarschen die
       Politik von A bis Z“, ärgert sich der Gewerkschafter.
       
       Denn der Konzern geht auch gegen eine weitere von Umweltminister Wenzel
       verhandelte Beschränkung vor: Am Pegel Boffzen, kurz hinter der
       niedersächsischen Landesgrenze, soll die Salzfracht der Weser ab 2021
       höchstens 300 Milligramm pro Liter Wasser betragen – ob die Pipeline nun
       gebaut wird oder nicht. Ansonsten droht eine Einschränkung der Produktion.
       
       K+S aber will das so nicht hinnehmen: „Wir halten das für nicht
       verhältnismäßig“, sagt Konzernsprecher Ulrich Göbel und kündigt eine Klage
       an: „Aus heutiger Sicht werden wir das gerichtlich überprüfen lassen.“
       
       31 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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