# taz.de -- Experte über Aufstehen und Wachbleiben: „Büroschlaf ist negativ belegt“
       
       > Zum Sonntag wird die Zeit umgestellt. Schlafmediziner Ingo Fietze über
       > Wecker-Apps, erfolgreiches Aus-den-Federn-Kommen und das Nickerchen
       > zwischendurch.
       
 (IMG) Bild: Am 27. März wird die Zeit von 2 Uhr auf 3 Uhr umgestellt. Viele Deutsche lachen drüber
       
       taz: In der Nacht zum Sonntag werden die Uhren von zwei Uhr nachts auf drei
       Uhr vorgestellt. Dabei geht uns eine Stunde „verloren“. Das wird viele
       Menschen stören, oder? 
       
       Ingo Fietze: Nicht ganz. Zwei Drittel der Deutschen lachen darüber und
       sagen: Die Zeitumstellung stört mich gar nicht. Das merkt der gesunde
       Schläfer nicht. Das Problem ist: Von Samstag zu Sonntag schlafen wir meist
       aus und von Sonntag zu Montag schlafen wir so oder so schlecht, auch ohne
       Zeitumstellung. Besser am Sonntagmorgen nicht ausschlafen und keinen
       Mittagschlaf halten, damit man abends eher müde wird.
       
       Es gibt die verrücktesten Wecker-Apps, die beim Aufwachen helfen sollen.
       Beispielsweise wird man bei der App „Wakie“ von fremden Anrufern geweckt
       oder muss beim „Mathe Wecker“ Aufgaben lösen, bevor es aufhört zu klingeln
       ... 
       
       Das ist ja fürchterlich! Auf der anderen Seite sage ich: erlaubt ist, was
       gefällt.
       
       Also am frühen Morgen Matheaufgaben rechnen? 
       
       Ja, aber es macht wenig Sinn. Zwischen zehn und zwölf bin ich zwar geistig
       am fittesten, aber direkt nach dem Aufwachen? Letztlich ist es aber jedem
       selbst überlassen, ob ich mich durch eine App, einen Fernseher, Licht, den
       Partner oder durch das Haustier wecken lasse. Es gibt einfach keine
       Wissenschaft, die beweist, dass das eine nun gesünder ist, als das andere.
       
       Was sollte man tun, wenn morgens der Wecker klingelt und man trotzdem noch
       müde ist? 
       
       Dann kann man den Wecker eine halbe oder viertel Stunde vorstellen. Die
       Wahrscheinlichkeit ist zwar relativ gering, dass man morgens noch einmal
       Tiefschlaf hat, weil der in der ersten Nachthälfte oder in der Mitte der
       Nacht auftritt. Wenn man morgens aber trotzdem regelmäßig eine
       Tiefschlafphase hat, kann man das so machen.
       
       Und wie steht man am besten auf? 
       
       Ältere Leute und viele junge Damen haben einen niedrigen Blutdruck. Sie
       sollten nicht zu schnell aufstehen. Das hat etwas mit dem
       Herzkreislaufsystem zu tun. Man sollte nicht gleich aufspringen, weil man
       dann Gefahr läuft, dass das Blut kurz versackt und man so einen kleinen
       Kollaps bekommt.
       
       Gibt es eine Faustregel, die besagt, wie lange man schlafen sollte? 
       
       In diesem Jahr sind das erste Mal Normwerte für den Schlaf veröffentlicht
       worden. Danach soll ein Erwachsener siebeneinhalb bis achteinhalb Stunden
       schlafen. Im Schnitt. Es muss ja nicht jede Nacht sein. Das ist relativ
       viel Schlaf – gesunder Schlaf.
       
       Und wenn das nicht klappt? 
       
       Wenn man eine Nacht schlecht schläft, ist man am nächsten Tag schlecht
       drauf. Geschicklichkeit, Genauigkeit, Konzentration, Reaktionsschnelligkeit
       und das Gedächtnis leiden. Wenn man dauerhaft schlecht schläft, kommt es
       manchmal zu depressiven Verstimmungen oder Depression. Nach fünf bis zehn
       Jahren schlechtem oder zu kurzem Schlaf steigt die Wahrscheinlichkeit für
       Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dauerhaft schlechte Schläfer haben eine
       kürzere Lebenserwartung.
       
       Viele Menschen klagen tagsüber über Müdigkeit. Warum legen sich Mitarbeiter
       einer Firma nicht zum Mittag aufs Ohr? 
       
       Leider ist es noch unsexy. Das traut sich keiner. Der Begriff Büroschlaf
       ist so negativ belegt in Deutschland. Eigentlich ist das was super Gutes.
       Wenn ich zwanzig Minuten am Tag nicke, kann ich in der zweiten
       Arbeitshälfte noch mal richtig konzentriert arbeiten. Die dritte Tasse
       Kaffe hilft da eher nicht. Die Arbeitgeber haben das noch nicht verstanden.
       
       Was machen die Leute falsch? 
       
       Nichts, wenn er sich am Wochenende Zeit nimmt, auszuschlafen. Aber heute
       haben viele eine Sechs-Tage-Woche. Auch dem Schichtarbeiter kann man nicht
       sagen, dass er etwas falsch macht. Die Gesellschaft macht was falsch: Es
       wird versucht, am Schlaf zu sparen.
       
       26 Mar 2016
       
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 (DIR) Ann-Christin Korsing
       
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