# taz.de -- Benfica Lissabon gegen FC Bayern: Allgegenwärtige Naturgewalt
       
       > Der 18-jährige Renato Sanches ist eine Sensation in Portugal. Mit ihm kam
       > der Erfolg zu Benfica Lissabon. Heute spielt er in der Champions League.
       
 (IMG) Bild: Längst kein Straßenfußballer mehr: Renato Sanches
       
       Es sind euphorische Tage unter den Schwingen des Adlers. Nachdem Benficas
       Wappentier am Freitagabend über dem Estádio da Luz gekreist war, nahm
       Portugals beliebteste Mannschaft den Tabellenvierten Sporting Braga 5:1
       auseinander. Über 60.000 Zuschauer feierten das 100. Tor der Saison, den
       18. Sieg in den letzten 19 Spielen, den vielleicht schon entscheidenden
       Schritt auf dem Weg zur 35. Meisterschaft.
       
       Und wer weiß, was noch kommt? Bevor Benfica gestern zum
       Champions-League-Viertelfinale in München einschwebte, sagt jedenfalls
       Trainer Rui Vitória: „Diese Mannschaft hat schon ganz andere Dinge möglich
       gemacht, die unmöglich schienen.“
       
       Das kann man so sagen. Exakt eine Halbserie zuvor stand der Trainer, erst
       im Sommer für den unter großem Geschrei zum Lokalrivalen Sporting
       desertierten Jorge Jesus gekommen, schon fast vor dem Ende. Benfica war nur
       Vierter, acht Punkte hinter Sporting und hatte sich, in Liga, Pokal und
       Supercup, bereits drei Derbypleiten gegen den Ex erlaubt.
       
       Rui Vitória trat die Flucht nach vorn an. Bei Braga ließ er einen
       18-Jährigen in der Startelf debütieren, im Herz der Mannschaft, dem
       zentralen Mittelfeld. An jenem Abend begann die Siegesserie, und so ist es
       schwer zu behaupten, diese habe nichts mit ihm zu tun, Renato Sanches, der
       neuen Sensation aus Portugal.
       
       ## Ausstiegsklausel von 80 Millionen Euro
       
       Trotzdem gibt es natürlich auch diese These, denn über keinen reden sie
       mehr in den zahllosen Debatten des fußballverrückten Landes. „Er erinnert
       mich an Eusébio“, proklamierte José Augusto, immerhin ehemaliger Mitspieler
       von „O Rei“ – ein größerer Vergleich geht gar nicht in Portugal. Selbst
       Cristiano Ronaldo stiehlt der bullige Teenager die Show.
       
       Vorige Woche, als er in Leiria gegen Bulgarien mit der Nationalmannschaft
       debütierte und die Jugendlichen ausnahmsweise mal nach einem anderen
       kreischten als dem Heros von Real Madrid. Dort oder bei einem anderen Klub
       dieser Güte wird auch Renato bald spielen, das verkünden die Gazetten
       täglich. In der Poleposition, die Ausstiegsklausel von 80 Millionen Euro
       noch ein bisschen herunterhandeln zu dürfen, befindet sich aktuell
       Manchester United.
       
       Bezahlt hat Benfica für ihn 750 Euro, als er als Zwölfjähriger vom Klub aus
       Musgueira kam, einem Armenviertel im Norden Lissabons. Dass er der Sohn
       eines Vaters aus São Tomé und einer Mutter von den Kapverden seinen Fußball
       auf der Straße lernte, sieht man ihm bis heute an. Als „wild“ definiert Rui
       Vitória sein Spiel, im positiven Sinne, „wie man es sonst in Europa gar
       nicht mehr findet“.
       
       ## Wie eine Naturgewalt
       
       Tatsächlich kommt Renato, 1,76 groß, wie eine Naturgewalt über den Platz.
       Grundsätzlich positioniert als offensiverer der beiden zentralen
       Mittelfeldspieler in Benficas 4-4-2-System, in Wahrheit omnipräsent, ist er
       für den Aufbau zuständig wie für Zerstörung und exekutiert beides ohne
       Rücksicht auf Verluste. Nicht nur optisch erinnert er mit seinem tiefen
       Körperschwerpunkt und seinen Rastazöpfen eher an Edgar Davids als an
       Eusébio.
       
       Nach vorn verfügt er über einen guten Steilpass und einen harten Schuss,
       beim Torrausch gegen Braga holte er außerdem durch so ein wuchtiges wie
       technisch einwandfreies Dribbling von der Seite einen Elfmeter heraus –
       denn auch dort taucht er manchmal auf, wenn Gaitán und Pizzi, die
       Kreativchefs bei Benfica, von ihren jeweiligen Flügeln in die Mitte ziehen.
       
       Natürlich bleibt abzuwarten, inwieweit er all diese Qualitäten beim
       schweren Auswärtsspiel in München einbringen kann, der bisher härtesten
       Prüfung seiner Karriere. Und natürlich gibt es in seinem Alter auch noch
       Schwächen. Zwar hat er ein präzises Passspiel, wählt dabei aber noch nicht
       immer die beste Variante. Und im Spiel ohne Ball hält er oft nicht die
       Position.
       
       Also hat Renato eben auch seine Kritiker, die den Hype für eine wohl
       orchestrierte Kampagne seines Staragenten Jorge Mendes halten und
       bezweifeln, dass er wirklich erst 18 sein soll. Tatsächlich fand das
       „Jornal de Notícias“ kürzlich heraus, dass Renato erst mit fünf Jahren zum
       ersten Mal offiziell registriert wurde. Aber das sei nur eine Folge seines
       schwierigen Aufwachsens gewesen, der frühen Trennung seiner Eltern. Der
       harten Kindheit auf der Straße, die ihn so geprägt hat.
       
       5 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Haupt
       
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