# taz.de -- Krisensitzung der Eurogruppe: Schuldenerlass für Griechenland?
       
       > IWF und Wirtschaftsminister Gabriel fordern sofortige
       > Schuldenerleichterungen für Griechenland. Das setzt Schäuble unter
       > Zugzwang.
       
 (IMG) Bild: Die Griechen demonstrieren gegen weitere Sparpakete der Regierung
       
       BRÜSSEL taz | Sind die Schulden Griechenlands noch tragbar? Oder braucht
       das höchstverschuldete Land der Eurozone einen Nachlass, um wieder auf die
       Beine zu kommen? Monatelang war dieses Thema tabu. Nun steht es plötzlich
       wieder auf der Tagesordnung.
       
       Bei einer Krisensitzung der Eurogruppe am Montag in Brüssel könnte es sogar
       für einen Eklat sorgen. Denn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)
       weigert sich beharrlich, das Wort Schuldenerleichterung auch nur in den
       Mund zu nehmen. Umso lauter fordern diese Bundeswirtschaftsminister Sigmar
       Gabriel (SPD) und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF),
       Christine Lagarde. Der Schuldenschnitt müsse sofort her, sonst werde der
       IWF aus dem laufenden dritten Hilfsprogramm aussteigen, droht Lagarde.
       „Alle wissen, dass diese Erleichterung der Schuldenlast irgendwann kommen
       muss“, sagt Gabriel.
       
       Es ist das erste Mal, dass sich SPD-Chef Gabriel so klar positioniert.
       Bisher hatte er Schäubles Kurs meist schweigend abgenickt. Nun geht er,
       wohl aus innenpolitischen Motiven, auf Konfrontationskurs. Unterstützung
       erhält er dabei von den Franzosen. Präsident François Hollande fordert seit
       Langem Schuldenerleichterungen für Athen. Paris drängt jetzt auf eine
       Entscheidung noch am Montag.
       
       Das will Schäuble verhindern. Wie im vergangenen Jahr stützt er sich auf
       eine Koalition der Hardliner, in der unter anderem Österreich und Finnland
       mitmischen. Sie wollen neue Hilfen für Griechenland auf die lange Bank
       schieben. Zunächst soll Premier Alexis Tsipras endlich „liefern“, also die
       vereinbarten Reformen umsetzen. Dabei geht es um ein Sparpaket im Wert von
       5,4 Milliarden Euro. Tsipras will die Einkommensteuer erhöhen und die
       Renten kürzen. Es wäre die zwölfte Rentenkürzung seit Beginn der Krise.
       Dagegen gehen die Griechen seit Freitag mit einem Generalstreik auf die
       Barrikaden. Dennoch wollte Tsipras das Sparpaket noch am Sonntagabend durch
       das Parlament drücken. Er stützt sich dabei auf eine hauchdünne Mehrheit
       von drei Sitzen im 300 Mitglieder starken Parlament. Sollte die Vorlage
       durchfallen, wäre Tsipras gescheitert. Dann wären Neuwahlen fällig.
       
       ## Tsipras lehnt ab
       
       Schäuble fordert sogar noch mehr: Tsipras soll weitere Sparbeschlüsse im
       Wert von 3,6 Milliarden Euro auf den Weg bringen – auf Vorrat. An diesem
       „Vorratsbeschluss“ entzünden sich nun die Gemüter. Schäuble argumentiert,
       zusätzliche Einschnitte seien nötig, um die Reformen abzusichern und bis
       2018 einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung (also
       vor dem Schuldendienst) zu erzielen.
       
       Tsipras lehnt das ab: Das gehe weit über das im Sommer 2015 vereinbarte
       Sparprogramm hinaus. Zudem habe er dafür keine Mehrheit. „Können Sie sich
       vorstellen, dass wir dem Parlament ein Sparpaket in Höhe von 9 Milliarden
       anstatt von 5,4 Milliarden Euro vorlegen“, fragt Finanzminister Euklid
       Tsakalotos in einem – offiziell nicht bestätigten – Brief an die
       Eurogruppe. Lagarde kann sich dies offenbar nicht vorstellen. Die
       IWF-Chefin forderte, sofort Gespräche über Schuldenerleichterungen zu
       beginnen und das „unrealistische“ Budgetziel von 3,5 Prozent
       Primärüberschuss fallen zu lassen.
       
       Damit steckt Schäuble in einer Zwickmühle. Denn ohne den IWF, so hatte er
       mehrfach betont, könne Griechenland nicht gerettet werden. Weniger Schulden
       für die Griechen will Schäuble aber auch nicht. Bliebe noch der Rauswurf
       Griechenlands aus dem Euro, der „Grexit“ – und eine neue Eurokrise.
       
       9 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Finanzkrise
 (DIR) IWF
 (DIR) Eurogruppe
 (DIR) Schwerpunkt Krise in Griechenland
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
 (DIR) Schwerpunkt Krise in Griechenland
 (DIR) Schwerpunkt Krise in Griechenland
 (DIR) Schwerpunkt Krise in Griechenland
 (DIR) Schwerpunkt Krise in Griechenland
 (DIR) Schwerpunkt Krise in Griechenland
 (DIR) Europäische Union
 (DIR) Schwerpunkt Krise in Griechenland
 (DIR) Wolfgang Schäuble
 (DIR) Schwerpunkt Krise in Griechenland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Finanzhilfen für Griechenland: Erleichterung verschoben
       
       Die EU-Minister entscheiden über die Freigabe neuer Hilfskredite. Der vom
       IWF geforderte Schuldenschnitt wird erneut vertagt – wegen Schäuble.
       
 (DIR) Entscheidung der Eurogruppe: Neue Kredite für Griechenland
       
       Nach elfstündigen Verhandlungen einigt sich die Eurogruppe auf weitere
       Hilfskredite. Damit ist eine Staatspleite erstmal vom Tisch.
       
 (DIR) Kommentar EU-Hilfe für Griechenland: Vom Drama zur Farce
       
       Die Eurogruppe ist unfähig, sich in der Schuldenkrise zu einigen.
       Griechenland droht endgültig zur Schuldenkolonie zu verkommen.
       
 (DIR) Sparpaket in Griechenland: Man gibt sich lernresistent
       
       Das griechische Parlament hat ein neues Sparpaket beschlossen. Es wird
       wieder einmal nichts bringen, denn die Lösung der Eurokrise liegt woanders.
       
 (DIR) Kommentar Austerität in Griechenland: Mehr sparen geht nicht
       
       Viel mehr Einschnitte kann sich der Premier nicht mehr erlauben, ohne sein
       Amt zu riskieren. Helfen kann ihm nur eine Schuldenerleichterung.
       
 (DIR) Schuldenkrise in Europa: Nächste Runde im Schuldenpoker
       
       Der Streit zwischen Griechenland und der EU lebt wieder auf. Wenn es dumm
       läuft, könnte er sich mit der Brexit-Debatte vermischen.
       
 (DIR) Das drohende Scheitern der EU: Gegen die Wand
       
       Die Lage sei „so dramatisch wie nie zuvor“, sagt Parlamentspräsident
       Schulz. Voller Angst klammert man sich in Brüssel an die tägliche Routine.
       
 (DIR) Kommentar Griechenland-Rettung: Alle Macht geht vom Zinssatz aus
       
       In Athen schnüren sie ein neues Hilfspaket und Deutschland verdient an der
       Griechenlandkrise, rechnet ein Wirtschaftsinstitut aus.
       
 (DIR) Schäuble greift EU-Kommission an: Juncker soll besser balancieren
       
       Bundesfinanzminister Schäuble will der EU-Kommission Kompetenzen entziehen.
       Von „Entmachtung“ könne aber nicht die Rede sein, so ein Sprecher.
       
 (DIR) Schäuble und die Griechenlandkrise: Im Zweifel Rücktritt
       
       Finanzminister Schäuble räumt Meinungsunterschiede mit Merkel ein. Im
       äußersten Fall würde er eher zurücktreten, als sich untreu zu werden.