# taz.de -- Wahltheater im Kongo: Kabila darf endlos weiterregieren
       
       > Das Verfassungsgericht erlaubt den Verbleib des Präsidenten im Amt.
       > Gleichzeitig setzt es die für November geplante Wahl aus.
       
 (IMG) Bild: Unterstützer des Oppositionskandidaten Katumbi vor dem Büro des Staatsanwaltes in Lubumbaschi während seiner Befragung
       
       BERLIN taz | Das Verfassungsgericht der Demokratischen Republik Kongo hat
       dem Streit über die für November geplanten Wahlen eine überraschende
       Wendung gegeben. Der Präsident, so die Richter in Kinshasa am
       Mittwochabend, bleibt bis zur Amtseinführung eines gewählten Nachfolgers im
       Amt – egal wann das ist. Theoretisch könnte Amtsinhaber Joseph Kabila mit
       diesem Spruch die Wahlen absagen und auf unbestimmte Zeit weiter regieren,
       obwohl seine reguläre Amtszeit abgelaufen ist.
       
       Der Richterspruch ist die Reaktion auf eine Bitte regierungstreuer
       Parlamentarier um Auslegung des Artikels 70 der geltenden Verfassung, die
       im Jahr 2006 in Kraft trat und auf deren Grundlage die Wahlen der Jahre
       2006 und 2011 stattfanden.
       
       Artikel 70 lautet: „Der Präsident der Republik wird in allgemeiner
       Direktwahl für ein Mandat von fünf Jahren gewählt, das ein einziges Mal
       erneuerbar ist. Am Ende seines Mandats bleibt der Präsident der Republik
       bis zur tatsächlichen Einführung des neuen gewählten Präsidenten im Amt.“
       
       Die zweite der zwei fünfjährigen gewählten Amtszeiten Kabilas endet am 19.
       Dezember 2016 – offiziell gibt es daher am 28. November Neuwahlen. Wegen
       mangelnder Vorbereitung – so sind die Wählerlisten noch auf dem Stand von
       2011 – ist mit diesen Wahlen aber frühestens Ende 2017 zu rechnen, wenn
       nicht noch später.
       
       ## Für die Opposition läuft Kabilas Mandat im Dezember ab
       
       Kongos Opposition beharrt darauf, dass Kabila trotzdem nur noch bis 19.
       Dezember 2016 Präsident ist; falls bis dahin keine Neuwahl stattgefunden
       habe, müsse eine Übergangsregierung unter Führung des Senatspräsidenten,
       praktischerweise ein Oppositionspolitiker, die Macht übernehmen.
       
       Das Regierungslager sieht das anders und hat nun dafür die Unterstützung
       des Verfassungsgerichts, praktischerweise ein vom Präsidenten berufenes
       Gericht. Zur Begründung hieß es, in der Vergangenheit seien schon andere
       Institutionen des Kongo – beispielsweise auf Provinzebene – in Ermangelung
       von Neuwahlen im Amt belassen worden.
       
       Der Richterspruch sorgte am Abend für Entsetzen in Kongos Opposition. Für
       den gestrigen Donnerstag wurden Krisentreffen angesetzt. Manche radikale
       Oppositionelle forderten im Internet, nun den Artikel 64 der Verfassung
       anzuwenden, der den Bürgern ein Widerstandsrecht gegen Verfassungsbruch
       gewährt.
       
       ## Für die Regierung ist der Streit beendet
       
       Die Regierung hingegen sieht nun den Streit über die Wahlen als beendet an.
       Kabila-Berater Léonard She Okitundu schrieb auf Twitter: „Das
       Verfassungsgericht spricht das Recht, gibt die Meinung vor und schließt die
       politische Debatte!“
       
       Pikant ist der Zeitpunkt. Seit der populäre Politiker Moise Katumbi am 4.
       Mai zum Oppositionskandidaten bei den Präsidentschaftswahlen gekürt wurde,
       ist die Anspannung groß, weil die kongolesische Justiz gegen Katumbi
       ermittelt.
       
       Am Montag und Mittwoch erschien Katumbi vor den Ermittlungsrichtern seiner
       einstigen Provinzhauptstadt Lubumbashi, begleitet von Tausenden
       frenetischen Anhängern. Die Anhörung soll am Freitag weitergehen. Da der
       Richterspruch nun Katumbis Kandidatur praktisch gegenstandslos macht, ist
       mit einer Radikalisierung seiner Anhänger zu rechnen.
       
       12 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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