# taz.de -- Kommentar von Kaija Kutter zum Heim-Konzept: Missbrauch Tür und Tor geöffnet
       
       > Das Vorhalten von Fesseln in einem Jugendheim stattet die Erzieher mit
       > einer zu hohen Machtposition aus.
       
 (IMG) Bild: Nichts für Kinder: geschlossene Heim.
       
       Sind doch nur Klettbänder, keine fiesen Handschellen. Das klingt nach
       Freizeitsport, nicht nach Knast. Na, und wenn dann ein Junge einen Erzieher
       mit dem Kugelschreiber angreift – wie im PUA-Bericht in einem Fall
       beschrieben – ist es nicht besser, ihn zu „fixieren“, bis er sich beruhigt?
       
       Nein, ist es nicht. Das Vorhalten von Fesselbändern in einem Jugendheim
       stattet die Erzieher mit einer zu hohen Machtposition aus. Gefesselt werden
       ist entwürdigend, nicht nur beim Ausflug in der Öffentlichkeit, sondern
       auch und gerade in den vier Wänden einer Einrichtung. Wer sagt denn, dass
       der Junge mit dem Kugelschreiber angriff? Vielleicht hielt er ihn nur in
       der Hand. Beweisen könnte er das später nie.
       
       Gewalt und körperlichen Zwang ausüben mit Fesseln, das dürfen Eltern nicht.
       Und auch Betreuer dürfen nur im Rahmen der Nothilfe – wie jeder andere
       Mensch auch – Gefahren abwehren. Also kurz festhalten ja, fesseln und
       fixieren nein.
       
       Ein geschlossenes Heim ist eine totale Institution, die künstlich eine
       Situation schafft, in der Stress und Gewalt kumulieren. Deshalb schafft man
       besser erst gar nicht so eine Einrichtung. Seit Schließung der
       Haasenburg-Heime hat Hamburg individuelle Alternativen entwickelt. Erst
       Recht für unbegleitete junge Flüchtlinge ist die neue „Burg“ nicht das
       Richtige.
       
       Wenn nun die beiden rot-grünen Stadtstaaten stur bei ihrem Plan bleiben,
       weil sie dies im Wahlkampf versprachen, heißt es für die Kritiker akribisch
       genau zu gucken, was da geplant ist.
       
       Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung des Erziehungsrechtes kann es nicht geben,
       weil Gewalt verboten ist. Eltern im 21. Jahrhundert müssen sich mit ihren
       Kindern verständigen. Und Kinder und Jugendliche sind keine Maschinen, ihr
       Verhalten keine chemische Verbindung, die man neutralisieren sollte.
       
       Es sind ja nicht nur die geschlossenen Heime, auch andere Heime arbeiten
       mit Time-Out-Räumen und repressiven Methoden. Kritikern der geschlossenen
       Heime wird stets vorgeworfen, sie seien ideologisch verbohrt. Die
       Diskussion jüngster Zeit, in der auch die Jugendlichen eine Stimme bekamen,
       zeigt, es ist umgekehrt: Ganz offenbar müssen die Verantwortlichen in den
       Fachbehörden ideologischen Ballast einer repressiven Pädagogik über Bord
       werfen.
       
       6 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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