# taz.de -- Tschechischer Konzern kauft Braunkohle: Mitgift für die Heuschrecke
       
       > Vattenfall will dem Käufer seines ostdeutschen Braunkohlegeschäfts 1,7
       > Milliarden Euro zur Entsorgung von Altlasten zahlen. Reicht das?
       
 (IMG) Bild: Darum geht es: Vattenfall-Kraftwerke in Brandenburg
       
       FREIBURG taz | Es droht ein Geschäft zulasten des deutschen Steuerzahlers
       zu werden: Die schwedische Regierung wird voraussichtlich in den nächsten
       Tagen entscheiden, ob der Staatskonzern Vattenfall sein deutsches
       Braunkohlegeschäft an den tschechischen Energiekonzern EPH verkauft. Die
       EPH-Gruppe ist über Mittelsfirmen bereits Eigentümerin des
       sachsen-anhaltischen Braunkohlekonzerns Mibrag.
       
       Der Deal wirft die Frage auf, ob der Käufer nach Ende des Kohleabbaus
       überhaupt die Kosten der Rekultivierung der Tagebaugebiete tragen kann. In
       einem offenen Brief ruft Greenpeace daher die Ministerpräsidenten
       Brandenburgs und Sachsens, Dietmar Woidke (SPD) und Stanislaw Tillich
       (CDU), auf, zu verhindern, dass dieser „zweifelhafte Finanzinvestor“ den
       Zuschlag bekommt.
       
       Der Käufer soll bei dem Transfer neben den Tagebauen und Kraftwerken von
       Vattenfall auch Barmittel in Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro erhalten,
       damit er die Altlasten beseitigt. Doch EPH könnte die Mitgift aufzehren,
       noch bevor der Konzern das Geld für den geplanten Zweck einsetzen kann. Das
       komplizierte Firmenkonstrukt – immer wieder ist von Briefkastenfirmen im
       Zusammenhang mit den Panama Papers die Rede – schafft nicht gerade
       Vertrauen. Greenpeace sprach bereit von der „Heuschrecke EPH“.
       
       Sollte sich bewahrheiten, dass Vattenfalls Zugabe in dem Firmenkonglomerat
       versickert, müsste der deutsche Staat einspringen. EPH ist nach derzeitigem
       Stand nicht verpflichtet, insolvenzsichere Rücklagen zu bilden. Das Forum
       Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft hat die Bundesregierung bereits
       aufgefordert, die Rückstellungspraxis der Braunkohlewirtschaft in einem
       unabhängigen Gutachten zu durchleuchten und eine möglichst insolvenzfeste
       Finanzierungsvorsorge zu verlangen.
       
       ## Zeitplan geht nicht auf
       
       Wenn Deutschland mit seinen Klimaschutzzielen Ernst macht, kann die
       offizielle Strategie des tschechischen Käufers ohnehin nicht aufgehen. Das
       lässt sich aus dem jüngsten Konzern-Lagebericht der Mibrag-Mutter JTSD
       Braunkohlebergbau GmbH herauslesen. Das Unternehmen will nämlich erst „nach
       2030 mit der Akkumulation von erheblichen Barreserven beginnen“. Greenpeace
       hält dem entgegen: „Bis 2030 muss bereits das letzte Braunkohlekraftwerk
       von Netz gegangen sein, wenn Deutschland seine Zusagen im Klimaschutz
       einhalten will.“ Der Zeitplan des Unternehmens ginge also nicht auf.
       
       Dass die Unternehmensgruppe in einem politisch heiklen Geschäftsfeld
       unterwegs ist, ist ihr durchaus bewusst. Die JTSD erkennt in ihrem
       Konzernbericht an, dass die Braunkohle „deutlich mehr Emissionen als andere
       Energiearten produziert“. Damit sei das Firmenkonstrukt der Gefahr
       ausgesetzt, dass seine Aktivitäten „politisch unliebsam oder Gegenstand
       restriktiver Regelungen oder privater rechtlicher Schritte werden“.
       
       Weiter heißt es: „Darüber hinaus könnten wir verpflichtet werden, Rücklagen
       zu bilden.“ Und selbst die könnten „nicht ausreichend sein, um die
       tatsächlichen Kosten der Rekultivierung oder Entschädigung an Dritte für
       Schäden an Grundbesitz zu decken“. Man könne also verpflichtet werden, „in
       der Zukunft erhebliche Zahlungen“ zu leisten, was die „Cashflows nachteilig
       beeinflussen würde“.
       
       Viel Unsicherheit also auch für den deutschen Steuerzahler. Karsten Smid,
       Greenpeace-Klimaexperte, sagt daher: „Die Politik muss diesen dreckigen
       Deal auf Kosten der Menschen und des Klimas verhindern.“
       
       23 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernward Janzing
       
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