# taz.de -- Ende der Vereinsmeierei: Resignation in Kühnes Verein
       
       > HSV-Mitgliederversammlungen waren mal Mega-Events mit Debatten bis in die
       > Nacht. Seit Klaus-Michael Kühne die Macht hat, kommt kaum noch jemand.
       
 (IMG) Bild: HSV-Mitglieder stimmen der Entlastung des Präsidiums zu: Mit den Geschicken der Profi-Abteilung hat das nichts mehr zu tun
       
       HAMBURG taz | Als Präsident Jens Meier im Hamburger Congress Center die
       Veranstaltung eröffnet, sind gerade einmal 153 HSV-Mitglieder anwesend, am
       Ende werden es 204. Das war mal anders, zum Beispiel vor zwei Jahren: In
       einer groß angelegten Werbekampagne warb das gescheiterte
       Aufsichtsratsmitglied Ernst-Otto Rieckhoff mit seiner Initiative „HSVPlus“
       um die Ausgliederung des Profifußballs in eine Kapitalgesellschaft. 86,9
       Prozent der damals anwesenden 9.702 Mitglieder stimmten dafür. Der HSV
       verschlankte seine Struktur und installierte mit Dietmar Beiersdorfer einen
       alten Bekannten, der den gespaltenen Verein einen sollte.
       
       Ein Erfolg, der seine Ursachen darin hatte, worauf der Hamburger SV und
       seine Mitglieder jahrelang mächtig stolz waren: Basisdemokratie,
       Mitbestimmung, Transparenz. Der Aufsichtsrat hatte es mit der Transparenz
       aber ein wenig übertrieben. Das mächtige Kontrollgremium war so transparent
       geworden, dass es vertrauliche Informationen selbst aus seinen Sitzungen
       heraus an die Medien weiterreichte. Ein Segen für die Zeitungen, ein Fluch
       für den Verein.
       
       Rieckhoff war nicht der Erste, der das Problem erkannte, aber der Einzige,
       der es mit vielen Mitstreitern erfolgreich zu bekämpfen wusste. Seine Idee
       sollte allerdings einen hohen Preis fordern, nämlich den weitestgehenden
       Verzicht auf Mitbestimmungsrechte. Doch diese Rechte waren vielen heilig,
       vor allem aber den Ultras, nur sie machten konstant von ihnen Gebrauch. Ein
       Bundesligaverein, so Rieckhoffs Schlussfolgerung, dürfe aber nicht mehr von
       Fans regiert werden, sondern von Profis.
       
       ## Den HSV regiert ein Fan
       
       Genau hier beginnt die so Erfolg versprechende Geschichte der Revoluzzer
       eine überraschende Wendung zu nehmen. Denn der HSV wird zwei Jahre später
       nicht von Profis regiert, sondern von einem Fan: Klaus-Michael Kühne. Der
       Logistikunternehmer sollte Teil der Lösung sein, entwickelt sich aber immer
       mehr zum Teil des Problems. Zum einen, weil der HSV von ihm abhängig ist,
       zum anderen, weil sein Einfluss aufs operative Geschäft mit jedem
       investierten Euro größer wird.
       
       Kühne ist so etwas wie der reiche Onkel, der in die Bresche springt, wenn
       es eng wird. Dass es irgendwann wieder eng wird, ist nur eine Frage der
       Zeit. Gleichzeitig diktiert er die Bedingungen. Die sehen neuerdings so
       aus: Beiersdorfer schlägt Spieler vor, die Kühne bezahlen wird, wenn er das
       möchte. Wenn nicht, „kommt halt ein anderer“, sagt Beiersdorfer. Er muss
       diesen Deal eingehen, andernfalls kommt nämlich keiner. Als er sagt, dass
       trotz Kühnes Geld keine Stars kommen werden, nehmen die Mitglieder es
       gleichmütig hin.
       
       Offiziell gehören Kühne zwar nur elf Prozent an der HSV Fußball AG, aber
       praktisch gehört ihm durch diesen neuen Deal alles. Genau davor haben die
       Gegner der Ausgliederung eindringlich gewarnt, genau das haben seine
       Befürworter kategorisch ausgeschlossen. Heute müssen sie damit leben, dass
       die Zukunft des HSV vom Wohlwollen des 79-Jährigen abhängt. Es ist zwar
       besser, als überhaupt keinen Geldgeber zu haben. Die erfolgreichen
       Bundesligavereine funktionieren aber anders.
       
       ## Kritik ist leise geworden
       
       Was Rieckhoff und seine Mitstreiter über das, was aus ihrer Idee geworden
       ist, denken, wollen sie öffentlich lieber nicht sagen. Der Ton ist rau,
       speziell im Internet, wenn man es wagt, auf Missstände, Fehler oder
       Schwächen hinzuweisen. Die meisten, die zur Versammlung gekommen sind,
       wollen von alledem ohnehin nichts wissen. Die Kritiker, die zurecht vor den
       Gefahren der Abhängigkeit warnen, sind deshalb leiser geworden. Sie haben
       verstanden, dass dieser Kampf zwecklos ist. Und sie haben noch etwas
       verstanden: Es ist nicht mehr ihr Verein. Es ist jetzt Kühnes Verein.
       
       26 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Jovanov
       
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