# taz.de -- Änderungen im Bachelor-/Master-System: Mehr Freiräume beim Studiumstart
       
       > Hochschulen und KultusministerInnen wollen ein flexibleres Studium. Das
       > wäre auch für Langzeitstudierende gut.
       
 (IMG) Bild: Der Übergang vom Bachelor- ins Masterstudium soll für sie einfacher werden
       
       BERLIN taz | Im Sommer 2010 bekam Matthias Krewers zum ersten Mal die
       Nachteile der Bologna-Reform zu spüren. Der angehende Luft- und
       Raumfahrttechniker war am Ende seines Bachelorstudiums an der TU Berlin und
       bewarb sich für einen Master an der TU München. Doch dort, merkte Krewers,
       sind sie wählerisch. In seinem Studienplan vermissten sie Kurse zur
       Thermodynamik und zur Strömungsdynamik. Drei Kurse hätte der damals
       25-Jährige nachbelegen müssen, um in München weiterstudieren zu können. Die
       Kurse der TU Berlin wurden ihm nicht angerechnet.
       
       Dass der Übergang von Bachelor zu Master nicht immer reibungslos
       funktioniert, wird seit den ersten Erfahrungen mit dem gestuften
       Studiensystem kritisiert. Vor mehr als zehn Jahren lösten Bachelor und
       Master Magister und Diplom ab. Die deutschen Hochschulen sollten offen für
       internationale StudentInnen – und ihre Performance mit dem Ausland
       vergleichbar – sein.
       
       Nach mehr als zehn Jahren Bachelor und Master in Deutschland waren 88,2
       Prozent der Studiengänge umgestellt. Doch an den Problemen hat sich wenig
       geändert: Manche Unis bevorzugen beim Master BewerberInnen aus den eigenen
       Reihen, indem sie die Voraussetzungen ihrem eigenen Bachelorcurriculum
       anpassen.
       
       Nicht die einzigen Kritikpunkte. Der Bachelor sei zu kurz, zu verschult und
       zu starr im Umgang mit der Regelstudienzeit. Wer zwei Semester länger als
       vorgegeben studiert, dem droht an vielen Unis die Exmatrikulation. „Ein
       Bachelor in Physik ist nie im Leben ein Physiker“, wetterte vor ein paar
       Jahren selbst Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz
       (HRK).
       
       ## Weniger Notendruck
       
       Geht es nach Hippler, sind Bachelor und Master künftig flexibler. Davon hat
       er auch fast alle Hochschulen und die KultusministerInnen der Länder (KMK)
       überzeugt. Nach monatelangen Beratungen gaben HRK und KMK am Freitag eine
       Reihe von Vorschlägen bekannt, die den Studierenden gerade im Bachelor
       wieder mehr Luft zum Atmen lassen.
       
       So soll etwa der Notendruck verringert werden. Die Leistungen der ersten
       beiden Semester müssten nicht „zwangsläufig“ in die Endnote mit einfließen.
       Die Studierenden sollen zum Studienbeginn Zeit haben, sich in den Unialltag
       einzufinden – ohne schon an den Notenschnitt im Bachelor-Zeugnis zu denken.
       
       Eine weitere Neuerung wäre, dass die Unis in den Zeugnissen neben dem
       Notendurchschnitt der Absolventin oder des Absolventen auch den
       Notenschnitt des Jahrgangs schreiben. Die Leistungen würden dadurch
       aussagekräftiger, argumentieren HRK und KMK.
       
       Dieser Vorschlag könnte die Vergabe der Masterplätze gerechter machen: Eine
       Fakultät, die dem ganzen Jahrgang nur Einser-Schnitte ausstellt, um ihre
       AbsolventInnen beim Rennen um die besten Masterplätze in gute
       Ausgangspositionen zu versetzen, müsste sich für die Bestenschwemme dann
       eher rechtfertigen als bisher.
       
       Ein weiterer Vorschlag: Die Universitäten erlauben ein „Studium mit
       unterschiedlichen Geschwindigkeiten“. Sprich: Wer aufgrund seiner
       finanziellen oder familiären Umstände nur in Teilzeit oder berufsbegleitend
       studieren kann, soll keine Nachteile erleiden. Dazu sollen die Unis auch
       die Vorgaben zur Regelstudienzeit flexibler handhaben. „Es sollte künftig
       keine starre staatliche Vorgabe für eine Gesamtstudienzeit Bachelor und
       Master von zehn Semestern mehr geben“, sagt HRK-Präsident Hippler.
       
       Das käme auch dem angehenden Ingenieur Matthias Krewers zugute. Der heute
       30-Jährige ist mittlerweile im 18. Semester im Bachelor – zehn Semester
       über der Regelstudienzeit. Seit der Bewerbung in München konnte er seine
       Bachelorarbeit nicht beenden. Weil er parallel ein Physikstudium an der FU
       Berlin begann, das ihn stärker forderte. Und weil er Geld verdienen musste.
       
       ## Schluss mit Drohbriefen
       
       Dass die TU ihn nicht längst zum Beratungsgespräch zitiert hat, wundert ihn
       selbst. Nach einem aktuellen Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung des
       Bologna-Prozesses braucht die große Mehrheit der Studierenden nur maximal
       zwei Semester länger als vorgesehen.
       
       Für die gut 10 Prozent, die wie Krewers deutlich drüber sind, könnte es nun
       eine Ende haben mit den bislang üblichen Drohbriefen aus der Univerwaltung.
       Seinen demolierten Studentenausweis will Krewers aber erst dann erneuern
       lassen, wenn er den Bachelor in der Tasche hat. Sicher ist sicher.
       
       Die Studierendenvertreter vom freien zusammenschluss von
       studentInnenschaften (fzs) sind mit der angekündigten Reform jedoch nicht
       zufrieden. „Die strikten Vorgaben der Studiendauern aufzulösen ist an sich
       eine recht gute Idee“, sagt Vorstand Sandro Philippi. „Allerdings darf das
       nicht dazu führen, dass Lehrende die verpflichtetenden Inhalte weiter
       aufblähen.“ Studiengänge müssten endlich auch in der formell angegebenen
       Zeit studierbar werden. Zuletzt beendeten gerade mal 40 Prozent der
       Studierenden ihr Studium in der Regelstudienzeit.
       
       18 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Pauli
       
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