# taz.de -- Gülen-Anhänger in Deutschland: Türkei fordert Auslieferung
       
       > Interessantes Timing: Während Angela Merkel ihre Pressekonferenz abhält,
       > wird bekannt, dass die Türkei die Überstellung von Gülen-Anhängern
       > verlangt.
       
 (IMG) Bild: Mutmaßlich keine Freunde der Gülen-Bewegung: Anti-Putsch-Demonstranten in Istanbul
       
       BERLIN/ISTANBUL dpa | Nach dem Putschversuch in der Türkei fordert die
       Regierung in Ankara auch von Deutschland die Auslieferung von
       Gülen-Anhängern. Das sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Donnerstag dem
       Sender CNN Türk nach dessen Angaben. Bei den betroffenen Personen soll es
       sich um nach dem Putsch geflohene Staatsanwälte handeln.
       
       Die türkische Regierung macht die Bewegung des in den USA lebenden
       Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Von den USA
       fordert sie die Auslieferung Gülens. Mit der Forderung der Türkei droht
       nach dem Konflikt um die Völkermord-Resolution des Bundestages zu den
       Massakern an den Armeniern neuer Streit zwischen Ankara und Berlin. Bereits
       die Resolution vom 2. Juni hatte zu einem schweren Zerwürfnis geführt.
       
       Der deutsche Botschafter in Ankara, Martin Erdmann bekomme seit dem
       Bundestagsbeschluss am 2. Juni keine Termine im Außenministerium oder in
       anderen Regierungsstellen mehr, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in
       Ankara. Anfragen würden nicht beantwortet. Deutsche Diplomaten unterhalb
       der Botschafterebene erhielten zwar gelegentlich noch Termine.
       Außenminister Cavusoglu müsse aber jedes einzelne Treffen billigen. Nach
       der Armenier-Resolution hatte die Staatsführung in Ankara einen
       „Aktionsplan“ gegen Deutschland angekündigt.
       
       Das Auslieferungsbegehren wurde bekannt, während Bundeskanzlerin Angela
       Merkel (CDU) ihre Pressekonferenz in Berlin abhielt. Dort hatte die
       Kanzlerin den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach dem
       gescheiterten Putschversuch zu mehr Zurückhaltung im Umgang mit Kritikern
       ermahnt. In einem Rechtsstaat müsse der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
       „unter allen Umständen“ gewahrt werden, sagte sie am Donnerstag vor
       Journalisten in Berlin. Das Eröffnen neuer Kapitel in den
       Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Türkei schloss sie aus.
       
       ## Kritik an türkischem Vorgehen
       
       Auf ihrer Jahres-Pressekonferenz zeigte sich die Kanzlerin mehrfach besorgt
       über die jüngsten Entwicklungen. „Die Sorge besteht darin, dass sehr hart
       vorgegangen wird, und dieses Prinzip der Verhältnismäßigkeit nicht immer im
       Zentrum steht.“ Gerade angesichts von mehr als drei Millionen Menschen in
       Deutschland mit türkischen Wurzeln habe die Bundesregierung daran jedoch
       „allergrößtes Interesse“.
       
       In der Türkei hatten Teile des Militärs Mitte Juli ohne Erfolg versucht,
       Erdogan zu stürzen. Seither ist in dem Land eine „Säuberungswelle“ in Gang.
       Zugleich kündigte Merkel an, dass sie sich nach den Sommerferien mit
       Erdogan zum Gespräch treffen werde. Dies werde spätestens beim Gipfel der
       20 großen Industrie- und Schwellenländer (G20) Anfang September in China
       stattfinden.
       
       Mit Blick auf die Zukunft der Beitrittsgespräche sagte die Kanzlerin: „Ich
       glaube, dass in der jetzigen Situation neue Kapitelöffnungen nicht auf der
       Tagesordnung stehen.“ Aus verschiedenen politischen Lagern gibt es bereits
       Forderungen, die Aufnahmeverhandlungen komplett auszusetzen. Merkel
       bezeichnete die Türkei jedoch als „wichtigen Partner“. Zugleich lobte sie
       das Land abermals für die Aufnahme von drei Millionen Flüchtlingen.
       
       Deutschland und die Europäische Union sind in der Flüchtlingskrise auf eine
       enge Zusammenarbeit mit Ankara angewiesen. Die EU gab inzwischen weitere
       1,4 Milliarden Euro für die Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei frei.
       Von der bis Ende 2017 versprochenen Summe von 3 Milliarden Euro stünden
       damit rund 2,15 Milliarden Euro zur Verfügung, teilte die EU-Kommission
       mit. Bereits ausgezahlt seien fast 106 Millionen Euro. Die EU hatte der
       Türkei insgesamt Hilfen von bis zu sechs Milliarden Euro in Aussicht
       gestellt.
       
       28 Jul 2016
       
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