# taz.de -- Wandel des olympischen Frauenbildes: Kraft und Glitzer
       
       > Als Frauen 1928 erstmals olympisch turnten, sah das noch fluffig aus.
       > Heute werden Sportlerinnen wie Simone Biles „Kraftpaket“ genannt.
       
 (IMG) Bild: Nennt sich auf Instagram „Shot Diva“: Kugelstoßerin Michelle Carter
       
       1968 zeigten Tommie Smith und John Carlos auf dem Siegertreppchen der
       Olympischen Spiele die Faust der Black Panther. In Sportarenen war dieses
       Zeichen der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung zuletzt beim Superbowl
       zu sehen: in Beyoncés Choreografie zu „Formation“.
       
       In Rio gibt es kaum politische Gesten, [1][aber umso mehr Beyoncé]. Die
       brasilianische Turnerin Rebeca Andrade performte auf dem Boden zu Queen
       Beys „Crazy in Love“ und „Single Ladies“. Die überaus erfolgreichen
       Schwarzen US-amerikanischen Sportler_innen tragen Beyoncé im Herzen. Sie
       stehen für den Imperativ aus „Formation“: „I dream it, I work hard, I
       grind‚ til I own it.“
       
       Die 19-jährige Simone Biles zum Beispiel, die als beste Turnerin alive
       bezeichnet wird. Mit vier goldenen Olympiamedaillen ist sie nach Gabby
       Douglas die zweite Afroamerikanerin, die Gold im Turn-Mehrkampf gewann. Ein
       Sport, bei dem viele vor allem an die „großen Damen“ aus Osteuropa denken.
       Ein Sport, in dem Eleganz, grazile und weiche Bewegungen, ein definierendes
       Merkmal ist.
       
       Als Frauen 1928 erstmalig olympisch turnen durften, sah das wie eine
       fluffige Ballettübung mit ein bisschen Sportgymnastik aus. Über die Jahre
       kamen kraftvollere Übungen hinzu, die „sonst nur Männer“ turnen. Simone
       Biles hat eine eigene Übung, den „Biles“. Angeblich können ihre männlichen
       Kollegen den nicht.
       
       ## „I love you more than pizza“
       
       Biles ist klein und extrem kräftig. Kommentatoren finden, das Wort
       „Kraftpaket“ sei für sie erfunden worden – „als bestünde sie nur aus
       Muskeln“. Manche stört, dass Biles trotzdem mit Schleifchen im Haar tanzt.
       Dabei müssen sich Kraft und Glitzer nicht ausschließen.
       
       Das zeigt besonders opulent die US-amerikanische Olympiasiegerin Michelle
       Carter. Entsprechend ihrer Disziplin, Shot Put, Kugelstoßen, [2][nennt sie
       sich auf Instagram „Shot Diva“]. Ihr dort zu folgen ist die beste
       olympische Pausenbeschäftigung. Auf einem Foto trägt sie ein T-Shirt mit
       dem Aufdruck „Shopping is my cardio“. Ein anderes Bild ist untertitelt mit:
       „I love you more than pizza“. Inspirierend! Witzig!
       
       Michelle Carter isst gerne und ist kräftig, wie es sich für eine
       Kugelstoßerin gehört. Und sie würde nie ohne Make-up in den Wettkampf
       gehen. Die 30-Jährige ist Make-up-Artistin. Und so trug sie bei ihrem
       Siegerinnenwurf signalroten Lippenstift und künstliche Wimpern. Sie glaubt,
       dass man das Beste erreicht, wenn man am besten aussieht.
       
       Ihr Leitsatz auf Instagram kommt von Muhammad Ali: „I’m gonna show you how
       great I am.“ Das hat Carter. Das hat Biles. Und das hat auch Simone Manuel,
       die als erste afroamerikanische Frau Gold über 100 Meter Freistil im
       Schwimmen bekam. Ihr Instagram-Account verrät, dass sie in ihrer Freizeit
       gern Shirts von Beyoncés Sportmarke Ivy Park trägt.
       
       ## #BlackGirlMagic feiert Vorbilder
       
       Und wie Beyoncé beim Superbowl brachte Manuel nach ihrem Sieg auch die
       Politik auf die Sportbühne. Ungewollt: Ihre Siegerehrung wurde im Sender
       NBC nicht gezeigt.
       
       In einem Interview wies die 20-Jährige auf die Polizeigewalt in den USA
       hin. Sie hoffe, dass ihr Sieg Veränderung bringe und sie irgendwann „nur
       eine Schwimmerin“ sein kann, anstatt den Zusatz „black“ mit sich
       herumzutragen. Was bringt es, ständig darauf hinzuweisen, wenn eine
       Schwarze Person erstmalig irgendetwas gewinnt?
       
       Unter dem Hashtag [3][#BlackGirlMagic] sammeln sich viele Beiträge von
       jungen, schwarzen Frauen, die Sportlerinnen wie Michelle Carter, Simone
       Biles und Simone Manuel feiern. Weil sie als Vorbilder taugen: groß, klein,
       dünn, dick, elegant, muskulös. Diese Sichtbarkeit vielfältiger Frauenbilder
       ist diffuser als die gestreckten Fäuste von 1968. Vielmehr entfaltet jede
       einzelne der Olympia-Frauen ihre eigene ikonografische Stärke.
       
       17 Aug 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Olympianacht-in-Rio/!5330051/
 (DIR) [2] https://www.instagram.com/shotdiva/
 (DIR) [3] https://twitter.com/search?f=tweets&vertical=default&q=%23BlackGirlMagic&src=typd
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gottschalk
       
       ## TAGS
       
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