# taz.de -- Schweizer ermitteln gegen Beckenbauer: Schon wieder das liebe Schmiergeld
       
       > Die WM-Vergabe 2006 holt Beckenbauer, Niersbach und Co. wieder ein. Die
       > Schweizer Justiz ermittelt wegen des Verdachts auf Untreue und
       > Geldwäsche.
       
 (IMG) Bild: Bälle, bis zum Horizont nur Bälle: Franz Beckenbauer 2006 in professioneller Kegelstellung vor dem Brandenburger Tor
       
       Es war ruhig geworden in den letzten Monaten um die früheren Spezis Franz
       Beckenbauer, Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger und die dubiose Vergabe
       der WM 2006. Abgesehen davon, dass Ex-DFB-Präsident Wolfgang Niersbach im
       Juli eine einjährige Sperre der Fifa-Ethikkommission kassierte, die
       niemanden besonders interessierte, geschah nicht viel. Nun aber sieht es so
       aus, als könnten den Herren strafrechtliche Konsequenzen drohen.
       
       Wie am Donnerstag bekannt wurde, ermittelt die Schweizer Justiz wegen
       Verdacht des Betrugs, der Geldwäsche und Veruntreuung gegen Beckenbauer,
       Niersbach, Zwanziger und Exgeneralsekretär Horst R. Schmidt. Konkret werden
       sie beschuldigt, mittels Schmiergeldzahlungen die WM nach Deutschland
       geholt zu haben. Die „ungetreue Geschäftsbesorgung“ zieht in der Schweiz
       Geld- oder Gefängnisstrafen nach sich.
       
       Zuvor hatte bereits die Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen mutmaßlicher
       schwerer Steuerhinterziehung ermittelt. Die Schweizer Bundesanwaltschaft
       wurde anschließend eingeschaltet, weil die damaligen Transaktionen
       weitgehend über Schweizer Konten abgewickelt wurden. Wie jetzt bekannt
       wurde, leiteten die Schweizer schon im November 2015 ein Strafverfahren
       ein. Am vergangenen Donnerstag fanden acht Hausdurchsuchungen in
       Deutschland, Österreich und der Schweiz statt. Unter anderem wurde Franz
       Beckenbauers Haus in Salzburg durchsucht. Die österreichischen und
       deutschen Behörden kooperieren nach eigenen Angaben eng mit den Schweizern.
       
       Damit gerät die Schmiergeldaffäre, die Ende 2015 publik wurde, wieder in
       den Fokus der Öffentlichkeit. Die Hauptakteure beeilten sich, ihre Unschuld
       und Unwissenheit zu versichern. „Wir wissen von nichts, mir ist nichts
       bekannt“, teilte Horst R. Schmidt mit. „Ich sehe das sehr gelassen“, ließ
       Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger verlauten. „Das hat keine Substanz. Ich
       verweise darauf, dass aus Erkenntnissen im Freshfields-Bericht eindeutig
       hervorgeht, dass ich mit den damaligen Vorgängen von 2002 nichts zu tun
       hatte.“
       
       ## Zwanziger will sich wehren
       
       Am Freitag wurde bekannt, dass Zwanziger juristisch gegen die Ermittlungen
       vorgehen will. Unter anderem beschuldigt er die Schweizer, sie wollten die
       in Deutschland bereits eingetretene Verjährung etwaiger Straftatbestände
       unterlaufen. Außerdem sei er erst 2003 ins WM-Gremium eingetreten und nicht
       für Zahlungen von 2002 verantwortlich.
       
       Im Oktober 2015 waren Ungereimtheiten im Zusammenhang mit 6,7 Millionen
       Euro publik geworden, die das WM-Organisationskomitee über den
       Weltfußballverband Fifa an Ex-Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen
       hatte. Genau dieselbe Summe war drei Jahre zuvor, im Jahr 2002, von
       Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den damaligen Fifa-Funktionär Mohamed bin
       Hammam nach Katar geflossen. Mutmaßlich wurden mit dem Geld, das
       ursprünglich von Louis-Dreyfus stammen soll, vier entscheidende Stimmen im
       Fifa-Exekutivkomitee für die Vergabe der WM nach Deutschland gekauft. Es
       soll außerdem beim deutschen Bewerbungskomitee eine schwarze Kasse gegeben
       haben.
       
       Der DFB widersprach zunächst und behauptete, die 6,7 Millionen Euro seien
       für ein Kulturprogramm zur WM 2006 gedacht gewesen. Wolfgang Niersbach, der
       im Oktober 2015 DFB-Präsident war, stritt die Existenz einer schwarzen
       Kasse ab und kommentierte, nichts davon gewusst zu haben. Dann aber fiel
       ihm ausgerechnet sein Vorgänger Theo Zwanziger in den Rücken und
       beschuldigte Niersbach der Lüge. Es habe bei der WM-Bewerbung sehr wohl
       eine schwarze Kasse gegeben. Und es sei „klar, dass der heutige Präsident
       davon nicht erst seit ein paar Wochen weiß, wie er behauptet, sondern schon
       seit mindestens 2005“.
       
       ## Konsequenzen für den „Kaiser“?
       
       Das Ende vom Lied: Niersbach trat unter dem öffentlichen Druck zurück.
       Franz Beckenbauer, der daraufhin ins Zentrum der Ermittlungen rückte,
       wurde von der Kanzlei Freshfields mehrfach verhört, schien es aber
       irgendwie zu schaffen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen – obwohl im
       November 2015 auch ein von Beckenbauer unterschriebener Vertrag auftauchte,
       der dem Ex-Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner „diverse Leistungen“ zusagte.
       
       Eine tatsächliche Schuld in der Schmiergeldaffäre aber konnte dem „Kaiser“
       nicht nachgewiesen werden. Die Ergebnisse der Freshfields-Untersuchung
       besagten zwar, dass Beckenbauer direkt an den dubiosen Überweisungen
       beteiligt war, dass das Geld in Zusammenhang mit der WM-Vergabe stand,
       wurde jedoch nicht belegt.
       
       Zumindest für Beckenbauer könnte die Geschichte nun doch noch Konsequenzen
       haben: Bis zu drei Jahre Gefängnis würden ihm theoretisch drohen. Welche
       Beweise die Ermittler aber tatsächlich haben, bleibt offen. Der „Kaiser“
       hat sich bislang nicht geäußert. Vonseiten der Schweizer Bundesanwaltschaft
       hieß es, Beckenbauer habe „an der Durchsuchung konstruktiv mitgewirkt.“
       Expräsident Wolfgang Niersbach hingegen will erst über die Medien von
       Ermittlungen erfahren haben. Er wolle sich „um Klarheit bemühen“, bevor
       er sich äußere.
       
       2 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Schwermer
       
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