# taz.de -- EU-Ukraine-Gipfel in Brüssel: Kiew verliert die Geduld
       
       > Beim Gipfel wird ein Termin für die lange angekündigte
       > Visum-Liberalisierung für Ukrainer wieder nicht genannt. Nicht nur
       > Deutschland bremst.
       
 (IMG) Bild: Femen-Protest vor der Deutschen Botschaft in Kiew: die EU will (noch) kein gleiches Recht für Ukrainer
       
       BRÜSSEL/KIEW taz | Der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko hofft, den
       neuen US-Präsidenten Donald Trump auf seine Seite ziehen zu können. Bei
       einem ersten Telefonkontakt habe er Trump die „russische Aggression“ und
       die Lage in der Ostukraine erläutert, sagte Poroschenko beim 18.
       EU-Ukraine-Gipfel in Brüssel. Allerdings blieb offen, ob Trump die
       Botschaft verstanden hat und seine vermutete prorussische Haltung ändert.
       Unklar blieb auch, wann die versprochene Visa-Liberalisierung für die
       Ukraine kommt.
       
       Die EU-Staaten hatten in der vergangenen Woche grundsätzlich grünes Licht
       gegeben. Allerdings gibt es noch Streit über eine „Notbremse“, mit der die
       Reisefreiheit bei Missbrauch schnell wieder aufgehoben werden kann.
       
       Vor allem Frankreich mauert. Vor den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr
       2017 will sich Paris nicht allzu nachgiebig zeigen, um den rechtsextremen
       Front National nicht zu stärken. Frankreich sei jedoch nicht allein, sagte
       der scheidende EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. „Soweit ich weiß,
       haben auch Belgien, Italien, Deutschland und anderen Länder Vorbehalte.“
       
       Poroschenko verliert jedoch langsam die Geduld. „Wir haben alles gemacht
       und alle 144 Anforderungen für die Liberalisierung erfüllt“, sagte er. Nun
       müsse die EU den „populistischen Absichten“ widerstehen. Damit spielte er
       auch auf die Niederlande an, die die Ratifizierung des
       Assoziierungsabkommens mit der EU blockieren.
       
       Bei einem Referendum im April hatte sich eine Mehrheit gegen das
       Ukraine-Abkommen ausgesprochen. Seitdem sucht die EU nach einem Ausweg, um
       den Vertrag trotzdem in Kraft setzen zu können.
       
       ## Tusk hofft auf den EU-Gipfel
       
       Er hoffe auf eine Einigung beim EU-Gipfel im Dezember, sagte Ratspräsident
       Donald Tusk. „Die Niederlande müssen die Ratifizierung abschließen, das hat
       große geopolitische Bedeutung“, sagte er. Als möglicher Kompromiss wird
       eine Zusatz-Erklärung diskutiert, in der festgehalten wird, dass die
       Ukraine kein EU-Mitglied werden soll.
       
       In Kiew hatte zwar niemand damit gerechnet, dass die EU beim Brüsseler
       Gipfeltreffen den lang ersehnten Termin des Beginns der Visafreiheit der
       Ukraine mit den Schengen-Staaten verkünde. Doch vielen ist die Enttäuschung
       in das Gesicht geschrieben, wieder auf später vertröstet worden zu sein.
       „Seit 2005 können EU-Bürger frei in die Ukraine einreisen. Wir warten immer
       noch auf eine freie Einreise in die EU“, schimpft ein Fußgänger auf der
       Kiewer Einkaufsmeile Kreschtschatik. „Visafreiheit wäre nicht einmal mit
       besonderen Kosten verbunden.“
       
       „Wir sind unzufrieden mit Brüssel,“ sagte der Kiewer Politologe Wladimir
       Fesenko der taz. Kiew habe all seine Hausaufgaben gemacht. Früher habe
       Brüssel Kiew kritisiert, nun seien die Rollen vertauscht. „Wenn die EU
       Versprechungen nicht einhält oder auf die lange Bank schiebt, kratzt das an
       unserem Vertrauen in die Union“, so Fesenko. Trotzdem sei er Optimist, die
       Ukraine integriere sich immer mehr in Europa.
       
       24 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
 (DIR) Bernhard Clasen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Visafreiheit
 (DIR) EU-Assoziierungsabkommen
 (DIR) Petro Poroschenko
 (DIR) Martin Schulz
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Europäische Union
 (DIR) Ostukraine
 (DIR)  taz на русском языке
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Proteste in der Ukraine
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Wladimir Putin
 (DIR) Schwerpunkt USA unter Donald Trump
 (DIR)  taz на русском языке
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Reiseverkehr zwischen Ukraine und EU: Run auf den biometrischen Pass
       
       Die visumfreie Einreise in die EU tritt Mitte Juni in Kraft. Wenn man die
       richtigen Dokumente hat. Die fehlen der Mehrheit der Bevölkerung noch.
       
 (DIR) Visumfreie Einreise in die EU: Wichtiges Symbol für die Ukraine
       
       Das EU-Parlament billigt die Einreise für Ukrainer in die Europäische Union
       ohne Visum. Es sei ein Zeichen der Anerkennung für die Reformbemühungen des
       Landes.
       
 (DIR) Krieg in der Ostukraine: Nichts wie weg aus Awdiiwka
       
       Die Kleinstadt unweit von Donezk ist heftig umkämpft. Die meisten Bewohner
       sind ohne Wasser und Strom. Die Evakuierung wird vorbereitet.
       
 (DIR) Merkel und Hollande zum Ukraine-Krieg: Weiter EU-Sanktionen gegen Russland
       
       Die dauernden Blockaden nerven sie: Merkel nennt die Umsetzung der
       Ukraine-Abkommen „sehr schwerfällig“. Nachsicht mit Moskau gibt es deshalb
       nicht.
       
 (DIR) Kommentar Ukraine-Gipfel: Eine unsägliche Hängepartie
       
       Immer mehr EU-Staaten wenden sich von der Ukraine ab. Eine Abkehr der
       Ukrainer von Europa könnte wie in der Türkei enden.
       
 (DIR) Maidan-Jahrestag in der Ukraine: Gedenken schlägt in Gewalt um
       
       Weniger Menschen als erwartet kommen, um den dritten Jahrestag der Revolte
       zu feiern – und sind enttäuscht. Rechtsradikale dominieren das Bild.
       
 (DIR) Opposition in der Ukraine: Reiseverbot für Abgeordnete
       
       Parteiinterne Kritiker von Präsident Poroschenko dürfen ihr Land nicht mehr
       bei der OSZE und Nato vertreten. Das bezeichnen sie als Rache.
       
 (DIR) Oberwasser für Wladimir Putin: Die neue Weltordnung
       
       Erst Trump in den USA und nun reihenweise Staaten in Europa: Aus allen
       Ecken fliegen Putin Sympathien zu. Daran sind auch die Eliten schuld.
       
 (DIR) Ukraine nach Trumps Wahlsieg: Schock und Freude
       
       Ukrainische Politiker reagieren unterschiedlich auf das Wahlergebnis in den
       USA. Viele setzen auf die Solidarität der Republikaner.
       
 (DIR) Freiwilligeneinsatz im Ukraine-Konflikt: Maria Berlinska zieht in den Krieg
       
       Eine Frau studiert jüdische Geschichte und organisiert Festivals mit
       feministischen Bands. Dann meldet sie sich freiwillig für den Krieg. Warum?