# taz.de -- Bürgerentscheid in Kreuzberg: Streit um das Fraenkelufer
       
       > Der Bezirk plant einen Umbau des Fraenkelufers am Landwehrkanal. Eine
       > Anwohnerinitiative lehnt diesen ab. Ende November dürfen die Bürger
       > entscheiden.
       
 (IMG) Bild: Jeden Samstag ist die Initiative am Fraenkelufer mit einem Infostand zugegen
       
       Am Fraenkelufer in Kreuzberg sind die letzten Instandsetzungen schon länger
       her. Das historische Geländer und die bekannte Schneckentreppe verfallen
       zusehends, der Gehweg ist in schlechtem Zustand, nach Regen bilden sich
       große Pfützen. Der Bezirk plant deshalb einen Umbau des rund 250 Meter
       langen Uferabschnitts am Landwehrkanal. Der Haken: Eine Anwohnerinitiative
       ist dagegen. „Wir lehnen die Umbaupläne des Bezirks ab“, erklärt Cora
       Jacobs von der Nachbarschaftlichen Gruppe Fraenkelufer.
       
       Der Konflikt führte zu einem Bürgerentscheid: Am 27. November dürfen die
       Bewohner des Bezirks Friedrichshain-Kreuzbergs über eine Vorlage der
       Initiative abstimmen. Darin werden die Beibehaltung der jetzigen Gestalt
       des Fraenkelufers sowie eine Instandsetzung gefordert. „Die Pläne des
       Bezirks sind viel zu steril und betonbetont“, kritisiert Cora Jacobi, die
       schon seit 20 Jahren am Fraenkelufer wohnt.
       
       Der Bezirk hat unter anderem einen neuen Bodenbelag für die Promenade
       geplant. Die bisherige „wassergebundene Oberfläche“, also eine Art
       befestigter Sandboden, wird durch ein Natursteinpflaster ersetzt. „Wir
       wollen die Uferpromenade für eine dauerhafte Nutzung fit machen und sie
       behindertengerecht gestalten“, erklärt der Stadtrat für Planen, Bauen und
       Umwelt, Hans Panhoff (Bündnis90/Die Grünen) dazu.
       
       Deshalb soll die einst von dem Architekten Hans Baller angelegte
       Schneckentreppe im Wiesental zwar auch erhalten bleiben, zugleich ist aber
       eine weitere Treppenanlage, die als Rampe nutzbar wäre, geplant. Ein
       weiteres Anliegen des Bezirks: Die Konflikte zwischen RadfahrerInnen und
       FußgängerInnen sollen durch die Verbreiterung der Promenade entschärft
       werden.
       
       ## Die Umbaupläne liegen auf Eis
       
       „Der 1. Bauabschnitt am Böcklerpark ist nahezu fertiggestellt“, erklärt
       Panhoff. Die Pläne für den 2. Bauabschnitt zwischen Park und Admiralbrücke
       liegen dagegen mindestens bis zum Abstimmungstag auf Eis. Der Konflikt
       schwelt bereits seit 2013, als der Bezirk seine Umbaupläne vorgestellt
       hatte. Kurz darauf gründete sich die Initiative rund um die langjährigen
       Anwohnerinnen Cora Jacobs, Gisela Bosse und Gabriele Alscher.
       
       Vor gut einem Jahr starteten sie und ihre MitstreiterInnen das
       Bürgerbegehren „Rettet das Fraenkelufer zwischen Admiralbrücke und
       Erkelenzdamm“. Mit regelmäßigen Infoständen haben sie erfolgreich
       mobilisiert – bis zum Sommer wurden 6.730 gültige Unterschriften gesammelt.
       Hinterher gab es zwar Einigungsgespräche zwischen Bezirk und Initiative,
       doch diese führten zu keinem Ergebnis.
       
       Mit dem Bürgerentscheid will die Initiative die Umbaupläne des Bezirks aber
       nicht einfach nur verhindern: „Wir sind für eine Instandsetzung und
       eventuelle Neugestaltung unter echter Bürgerbeteiligung.“ Den Vorwurf, dass
       es keine Bürgerbeteiligung gebe, weist Stadtrat Panhoff zurück: „Die Bürger
       wurden an verschiedenen Anlässen an den Planungen beteiligt.“
       
       Problematisch an den Plänen der Initiative sei zudem, dass sie den Bezirk
       viel Geld kosten würden. „Die Finanzierung durch den Städtebaulichen
       Denkmalschutz ist nur bei einem tatsächlichen Umbau gesichert. Für eine
       reine Instandsetzung gibt es kein Geld.“ Dafür müsse der Bezirk also aus
       seinen Haushaltsmitteln aufkommen. „Das kostet rund 350.00 Euro“, so
       Panhoff. Aus welchem Bereich genau die Mittel herkommen sollen, sei unklar.
       
       Im Bezirk hofft man deshalb, dass die Vorlage nicht angenommen wird. Denn
       hat die Initiative Erfolg, besitzt der Entscheid dieselbe Rechtswirkung wie
       ein Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung. Diesen kann das Bezirksamt
       zwar noch ablehnen, damit würde es sich allerdings eindeutig über den
       Wählerwillen hinwegsetzen.
       
       Cora Jacobi und ihre MitstreiterInnen hoffen dagegen auf Zustimmung zu
       ihren Forderungen. Deshalb werden sie weiterhin jeden Samstag mit einem
       Infostand an der Schneckentreppe stehen und versuchen, die Bewohner
       Friedrichshain-Kreuzbergs für ihr Anliegen zu mobilisieren.
       
       15 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leonie Schlick
       
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