# taz.de -- Obamas letzter Besuch in Deutschland: Abschied mit Wehmut
       
       > Barack Obama rät den Deutschen zur Wertschätzung von Angela Merkel – und
       > warnt vor weiteren Spaltungen in den Industrieländern.
       
 (IMG) Bild: Sie war schon bei seinem ersten Besuch da. Und wird ihn politisch überdauern: Angela Merkel und Barack Obama
       
       BERLIN taz | Noch einmal besucht Barack Obama Berlin, noch einmal trifft er
       Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin ist die Konstante in seiner Amtszeit.
       Anders als die anderen europäischen Regierungschefs, die er am Freitag
       treffen wird, war sie schon zu Beginn seiner Präsidentschaft 2009 auf ihrem
       Posten und wird – falls nichts Außergewöhnliches geschieht – auch noch im
       Bundeskanzleramt sitzen, wenn er das Weiße Haus im Januar verlassen muss.
       
       Am Anfang galt ihr Verhältnis als unterkühlt, inzwischen haben sie sich
       schätzen gelernt. Er könne sich „keine standfestere und zuverlässigere
       Partnerin auf der Weltbühne vorstellen“, lobte der scheidende
       US-amerikanische Präsident die deutsche Kanzlerin. Merkel gab das
       Kompliment zurück. Ihre „sehr enge freundschaftliche Zusammenarbeit“
       basiere auf dem Eintreten für die gleichen Werte: für Freiheit und
       Demokratie, für eine offene und liberale Weltordnung. Dass an seine Stelle
       demnächst Donald Trump treten wird, ist für die Christdemokratin
       unverkennbar eine beunruhigende Aussicht.
       
       Kurz vor 18 Uhr war die Air Force One Obamas am Mittwoch auf dem
       militärischen Teil des Flughafens Tegel gelandet. Eineinhalb Stunden später
       traf sich Obama im Hotel Adlon zu einem ersten Abendessen in privater
       Atmosphäre mit Merkel.
       
       Es ist Obamas siebter Besuch in Deutschland. Als er im Juli 2008 das erste
       Mal nach Berlin kam, damals noch als Senator und Präsidentschaftsbewerber,
       jubelten ihm bei seinem Auftritt an der Siegessäule rund 200.000 Menschen
       zu. Seit John F. Kennedy hatte kein US-Politiker solche Begeisterungsstürme
       mehr ausgelöst wie der junge schwarze Hoffnungsträger aus Chicago. Seitdem
       sind nicht nur seine Haare ergraut.
       
       ## Sorgen vor Trumps Amtsantritt
       
       Die Themenpalette, die Obama zuerst mit Merkel, dann am Freitag auch noch
       mit dem französischen Präsidenten François Hollande, der britischen
       Premierministerin Theresa May sowie den Ministerpräsidenten Italiens und
       Spaniens, Matteo Renzi und Mariano Rajoy, zu besprechen hat, ist lang. Sie
       reicht vom Klimaschutz über die Terrorbekämpfung, die Zukunft der Nato, das
       Verhältnis zu Russland und das Atomabkommen mit dem Iran bis zur Finanz-
       und Wirtschaftspolitik.
       
       In allen Feldern ist die Befürchtung groß, dass es mit dem Amtsantritt
       Donald Trumps im Januar kommenden Jahres zu einer grundlegenden Änderung
       der US-amerikanischen Politik kommen könnte. Es dürfte Obama kaum gelingen,
       die Sorgen seiner Gesprächspartner zu zerstreuen, sind es doch auch seine
       eigenen.
       
       „Yes We Can“ lautete der Wahlslogan, mit dem Obama 2009 ins Weiße Haus
       eingezogen ist. Er verkörperte die Hoffnung auf einen progressiven
       Aufbruch, auf eine friedlichere und gerechtere Welt. Zum Ende seiner
       Amtszeit ist davon nur noch das Bangen geblieben, dass sich die
       Verhältnisse nicht weiter verschlechtern.
       
       Die Niederlage der von ihm unterstützten Hillary Clinton in den USA und die
       Erfolge von Rechtspopulisten in europäischen Staaten haben Obama
       nachdenklich gemacht. „Wenn die globale Wirtschaft nicht auf Menschen
       reagiert, die sich zurückgelassen fühlen, wenn die Ungleichheit weiter
       wächst, werden wir erleben, dass sich die Spaltungen in den
       Industrieländern ausweiten“, sagte er in einem Interview mit der ARD und
       dem Spiegel am Donnerstagvormittag.
       
       ## Viel von Berlin hat er nicht gesehen
       
       Obamas letzte Berlin-Visite als Präsident der Vereinigten Staaten ist eine
       der kurzen Wege. Von seiner traditionsreichen Luxusunterkunft bis zur
       direkt am Brandenburger Tor gelegenen US-amerikanischen Botschaft, die er
       am Donnerstagmittag besuchte, sind es gerade mal 160 Meter. Das Kanzleramt,
       wo er am Nachmittag offiziell von Merkel empfangen wurde, liegt nur ein
       paar hundert Meter weiter.
       
       Anders als bei seinem ersten Besuch bekommen die Berlinerinnen und Berliner
       diesmal nicht viel von Obama zu sehen. Ein öffentlicher Auftritt steht bei
       seinem Abschiedsaufenthalt in der deutschen Hauptstadt nicht auf dem
       Programm. Außerdem sind die Sicherheitsvorkehrungen so umfangreich, dass
       für Zaungäste höchstens ein kurzer Blick auf den hohen Staatsgast zu
       erhaschen ist, als er am frühen Nachmittag mit einem Kaffee im Pappbecher
       über den Pariser Platz läuft.
       
       Rund 5.000 Polizisten sind zum Schutz Obamas im Einsatz. Der Bereich rund
       um das Brandenburger Tor und das Regierungsviertel ist weiträumig
       abgeriegelt. Auf den Dächern sind Scharfschützen platziert. Vor dem Adlon
       stehen Panzerwagen der Polizei. Auf der Spree patrouillieren Polizeiboote.
       Es werde nicht sein letzter Besuch in Deutschland sein, versprach Obama.
       Aber der letzte als Präsident.
       
       17 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Barack Obama
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
 (DIR) Staatsbesuch
 (DIR) USA
 (DIR) Wahlkampf
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
 (DIR) Schwerpunkt USA unter Donald Trump
 (DIR) Kanzlerkandidatur
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
 (DIR) Barack Obama
 (DIR) Barack Obama
 (DIR) Wladimir Putin
 (DIR) Kundus
 (DIR) US-Demokraten
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Obama beim Kirchentag: Lasst uns kreischen
       
       Obama leistet beim Kirchentag Wahlkampfhilfe für Merkel. Die punktet so bei
       den Jungen – und gerade das ist für die Sozis äußert misslich.
       
 (DIR) Obama trifft Merkel: Über Gott und die Welt reden
       
       Bevor er US-Präsident wurde, ließ sie ihn nicht ans Tor. Nun, da er
       Ex-Präsident ist, darf er mit ihr reden. Und Zehntausende wollen mit dabei
       sein.
       
 (DIR) Atomabkommen mit dem Iran: Trumps Anti-Kurs unterstrichen
       
       US-Außenminister Rex Tillerson kritisiert das Abkommen als unzureichend.
       Dabei ließ er offen, ob die Regierung Trump daran festhalten wird.
       
 (DIR) Kanzlerin wird Kandidatin: Merkel tritt wieder an
       
       Angela Merkel will weiter regieren. Beim Parteitag in Essen tritt sie
       wieder als CDU-Chefin an. Sie erklärt sich auch zur vierten
       Kanzlerkandidatur bereit.
       
 (DIR) Sechser-Gipfel im Kanzleramt: Die Welt muss warten
       
       Staatschefs aus Europa und den USA preisen Merkel. Obama gibt fast eine
       Wahlempfehlung. Sie sieht sich nicht als alleinige Führerin des Westens.
       
 (DIR) Abschied von Obama: Ain’t no sunshine when he’s gone
       
       Im Sommer 2008 verzauberte er Berlin. Nun war Barack Obama das letzte Mal
       als US-Präsident in Deuschland. Was bleibt uns übrig? Wir sagen acht Mal
       „Farewell“.
       
 (DIR) Abschiedsbesuch in Berlin: Warten auf Obama
       
       Einen letzten Blick auf den scheidenden US-Präsidenten erhaschen. Vor allem
       Touristen und Passanten harren der Dinge vor seinem Hotel.
       
 (DIR) Künftiger US-Präsident: Obama entschärft Kritik an Trump
       
       Bis vor kurzem hatte Barack Obama vor seinem Nachfolger gewarnt. Jetzt
       schlägt er leisere Töne an. Putin und Trump wollen sich treffen.
       
 (DIR) Schlagloch US-Kriegsführung: Komplizen des Abschlachtens
       
       Unter Obama begann ein großes Schweigen über Opfer im Anti-Terror-Krieg.
       Dafür sind besonders Drohnen verantwortlich.
       
 (DIR) Parteikonvent der US-Demokraten: Obama übergibt den Staffelstab
       
       US-Präsident Obama hat ein flammendes Plädoyer für Hillary Clinton
       gehalten. Auch frühere Kritiker lobten die Kandidatin – und teilten gegen
       Trump aus.