# taz.de -- Obama trifft Merkel: Über Gott und die Welt reden > Bevor er US-Präsident wurde, ließ sie ihn nicht ans Tor. Nun, da er > Ex-Präsident ist, darf er mit ihr reden. Und Zehntausende wollen mit > dabei sein. (IMG) Bild: Der einst mächtigste Mann trifft die aktuell mächtigste Frau Geh doch mal zum Brandenburger Tor, bat mich der Ressortleiter am Donnerstagmorgen, und schau dir an, wie sie den Messias feiern. Natürlich ließ ich mich nicht lange bitten. Schon bevor Barack Obama US-Präsident wurde, habe ich ihn auf dem 17. Juni erlebt: Damals durfte er noch nicht ans Tor, weil Merkel das nicht wollte. Zum Höhepunkt des Berliner Kirchentags saßen nun am Donnerstag beide – sich duzend – vor dem Berliner Wahrzeichen und plauderten mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche und der Kirchentagspräsidentin über Gott und die Welt. Dass daraus ein Ereignis wurde, lag aber weniger an Obama und Merkel als an ihrem Publikum. Ja, als Obama die Bühne betrat, gab es kurz dieses Popkonzertkreischen, und einer neben mir raunte dem Kumpel zu: „Ey, Alter, haste det jesehn: die Merkel!“ Doch schon nach den ersten Worten herrschte eine Stille, die Zehntausende Zuhörer erst mal schaffen müssen. Diese Stille war das Einzige, das in diesem Moment an einen Gottesdienst erinnerte. Denn eigentlich wurde doch mehr über die Welt als über Gott geplaudert, etwa wenn Obama daran erinnerte, dass er im Jahr des Mauerbaus geboren wurde, und Merkel ihm assistierte, dass Politik manchmal in anderen Zeiträumen denken müsse als in Jahren. Auf Sätze wie diese folgte kein Kreischen, sondern ein Beifall, der eher ein selbstbestärkendes Nicken war. Nein, ein Messias war es nicht, der da auftrat, sondern ein reflektierter, entspannter, aber auch ernster Expräsident, der auf eine schlagfertige Kanzlerin traf, der das nach ihrem „Wir schaffen das“ vielleicht eingängigste Zitat ihrer Kanzlerschaft gelang. Als der Ratsvorsitzende sagte, neben ihm sitze der einst mächtigste Mann der Welt, konterte Merkel: „Neben Ihnen sitze erst mal ich.“ Gut also, dass der Kirchentag Obama eingeladen hat, und gut, dass dieser mit Angela Merkel sprach. Ihm und der nun mächtigsten Frau des Westens zuzuhören war für die meist jungen Zuhörerinnen und Zuhörer wohl ein unvergessliches Erlebnis. Sie haben gespürt, dass politische Macht nicht unbedingt starke Worte braucht, sondern sich auch trauen kann, nachdenklich zu sein. Ob der Ressortleiter nun neidisch ist? 25 May 2017 ## AUTOREN (DIR) Uwe Rada ## TAGS (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel (DIR) Barack Obama (DIR) Kirchentag 2023 (DIR) Kirchentag 2023 (DIR) Atheismus (DIR) Homosexualität (DIR) Wahlkampf (DIR) Religion (DIR) Kirchentag 2023 (DIR) Barack Obama (DIR) Religion (DIR) Barack Obama ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Soziologe über Sterbekulturen: „Sterben wird immer riskanter“ Es wird nicht mehr einfach so gestorben, sagt der Soziologe Werner Schneider. Der Tod wird als Prozess gestaltet. Das „gute Sterben“ ist aber nicht für alle verfügbar. (DIR) Berlin, die Hauptstadt der Ungläubigen: Ach Gottchen! Trotz des Gedrängels beim Kirchentag: Mit Kirche hat man sonst in Berlin, der atheistische Hauptstadt Europas, nicht viel zu tun. Warum? (DIR) Kolumne Kreuz + Queer: Gott liebt auch Twinks Wie queer ist der Evangelische Kirchentag – jenseits vom „Zentrum Regenbogen“? Bunte Vielfalt, Provokation, ja, das geht, findet aber kaum statt. (DIR) Kommentar Obama beim Kirchentag: Lasst uns kreischen Obama leistet beim Kirchentag Wahlkampfhilfe für Merkel. Die punktet so bei den Jungen – und gerade das ist für die Sozis äußert misslich. (DIR) Berlin im Obama-Fieber: „Yes we can“ trifft „Wir schaffen das“ 70.000 Menschen wollen den ehemaligen US-Präsidenten am Brandenburger Tor reden hören. Auch Kanzlerin Merkel ist dabei. (DIR) Kirchentag in Berlin: Lobpreisung der Halleluja-Schlümpfe Auch wenn die U-Bahn voll ist: Kirchentag ist super. Hier kommen die Leute zusammen, die etwas ändern wollen und noch Sinn im Sein suchen. (DIR) Programm des Kirchentags in Berlin: Jesus! 500 Veranstaltungen, weiträumige Sperrungen in der Innenstadt, strenge Sicherheitsvorkehrungen – das ist los am Kirchentag. (DIR) Berlins Religionssenator Lederer (Linke): „Die Menschen suchen nach Sinn“ Er sei „kein gläubiger Mensch im religiösen Sinne“, sagt Klaus Lederer. Dennoch ist er für Religion zuständig. Ein Gespräch über Kopftücher, die Bibel und den Kirchentag. (DIR) Obamas letzter Besuch in Deutschland: Abschied mit Wehmut Barack Obama rät den Deutschen zur Wertschätzung von Angela Merkel – und warnt vor weiteren Spaltungen in den Industrieländern.