# taz.de -- Kommentar CDU und Staatsbürgerschaft: Politik nur mit Ausgrenzung
       
       > Die CDU will die doppelte Staatsbürgerschaft wieder abschaffen. „Wir“
       > oder „die“ – die Parteibasis unterstützt noch immer Politik von gestern.
       
 (IMG) Bild: Wird den Beschluss wohl nicht umsetzen: CDU-Parteichefin Angela Merkel
       
       Es gibt Beschlüsse, von denen jeder weiß, dass sie nie in echte Politik
       umgesetzt werden. Der Parteitagsbeschluss der CDU zur Optionspflicht ist so
       einer. Seit 2014 gibt es einen Kompromiss zwischen Union und SPD, der
       besagt, dass in Deutschland geborene Kinder die deutsche Staatsbürgerschaft
       bekommen können, wenn die Eltern lange hier leben – und dass sie
       gleichzeitig die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern behalten können. Sofern
       die CDU nicht mit der AfD koalieren will, wird sie keinen Partner finden,
       mit dem sie diesen Kompromiss wieder zurückdrehen könnte.
       
       Trotzdem hat sich die Mehrheit der in Essen versammelten Delegierten
       dagegen positioniert. Der Beschluss ist ein Signal, das sich an drei
       Empfänger richtet: an die SPD, an Menschen mit Migrationshintergrund und an
       die eigene Parteiführung.
       
       Der SPD ruft die CDU ein „April, April“ zu, wie es Innenminister Thomas de
       Maizière nannte: Trotz eines mühsam ausgehandelten Kompromisses macht sie
       das Thema wieder auf. Fatal ist die Botschaft an diejenigen, die nun das
       Recht auf eine doppelte Staatsbürgerschaft verlieren sollen. Ihnen sagt die
       CDU, dass eine Identität, die sich aus zwei Quellen speist, nicht in ihr
       Gesellschaftsbild passt.
       
       In ihrem Leitantrag spricht die CDU weiter von „Leitkultur“ und neuerdings
       auch von einer „Schicksalsgemeinschaft“, die angeblich diejenigen bilden,
       die in Deutschland leben. Auch hier geht es darum, ein „wir“ und ein „die“
       zu definieren. Entweder man gehört dazu oder nicht. Grautöne sollen nicht
       erlaubt sein.
       
       Die Parteispitze hat längst eingesehen, dass dies eine Politik von gestern
       ist. Wer sich zu einer vielfältigen Gesellschaft bekennt, der muss offen
       sein für Neues. De Maizière, der sich sonst als Law-and-Order-Mann
       inszeniert, bezeichnet den Beschluss als einen „Stoß vor den Kopf“ der
       Betroffenen. Merkel erklärte bereits, sie werde sich an die
       Koalitionsvereinbarung halten.
       
       So harmoniebedürftig die Partei ist und so diszipliniert sie sich hinter
       eine Vorsitzende stellt, wenn sie keine bessere Alternative sieht – so weit
       hängt sie dieser Vorsitzenden doch hinterher, wenn es darum geht, den
       Wandel der Gesellschaft zu akzeptieren. Die Funktionäre der CDU kommen, das
       haben sie in Essen klargemacht, bei der Definition ihres eigenen
       Standpunkts nicht ohne Ausgrenzung anderer aus.
       
       7 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christoph Herwartz
       
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