# taz.de -- Schülerin mit Nikab in Niedersachsen: Ministerin wird nicht angeklagt
       
       > Niedersachsens CDU scheitert mit dem Versuch, Kultusministerin
       > Heiligenstadt vor den Staatsgerichtshof zu zerren – doch ihre
       > Anti-Islam-Kampagne geht weiter.
       
 (IMG) Bild: Für die CDU in der Schule nicht zu tolerieren: Junge Frau mit Nikab
       
       HANNOVER taz | Bei ihrer Kampagne rund um eine angeblich drohende
       Islamisierung und Terrorgefahr durch radikale Salafisten sind
       Niedersachsens Christdemokraten mit dem Versuch gescheitert, eine weitere
       Eskalationsstufe zu erreichen: Im Streit um eine den Niqab tragende
       Schülerin muss sich Niedersachsens SPD-Schulministerin Frauke Heiligenstadt
       nicht wegen Verfassungsbruchs vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg
       verantworten.
       
       Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen wiesen am Montag einen Antrag
       auf „Ministeranklage“, der von sämtlichen 54 Abgeordneten der CDU
       unterschrieben worden war, erwartungsgemäß zurück. Da die Christdemokraten
       nicht auf einer Abstimmung beharrten, wird sich nun der Ausschuss für
       Rechts- und Verfassungsfragen mit der Anklage befassen.
       
       ## Schulfrieden nicht gefährdet
       
       Hintergrund ist der Fall einer 16-jährigen Muslima aus Belm bei Osnabrück,
       die seit mehr als zwei Jahren mit einem Niqab zum Schulunterricht erscheint
       – der Gesichtsschleier lässt nur die Augenpartie frei. Auch
       Kultusministerin Heiligenstadt hält das für einen Verstoß gegen das
       Schulgesetz, will die Entscheidung aber nach dem Prinzip der
       „eigenverantwortlichen Schule“ den PädagogInnen vor Ort überlassen. Die
       wollen der 16-Jährigen die Chance auf einen allgemeinbildenden
       Schulabschluss nicht nehmen – schließlich scheint der Schulfrieden nicht
       gefährdet.
       
       Mit ihrer toleranten Haltung dulde Heiligenstadt die Verletzung des
       Schulgesetzes und breche damit ihren Eid auf die Verfassung, argumentierten
       dagegen die Christdemokraten: „Burka und Niqab stehen für die Unterdrückung
       der Frau“, so der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Jens
       Nacke. Sozialdemokratin Heiligenstadt hätte einen Schulverweis oder die
       Erteilung von „Hausunterricht“ prüfen müssen.
       
       ## „Selbstvergewisserung“ der CDU
       
       „Zum wiederholten Mal instrumentalisieren Sie einen Einzelfall“, hielt
       SPD-Fraktionsgeschäftsführer Grant Hendrik Tonne dagegen. Die
       Ministeranklage diene der CDU lediglich zur „Selbstvergewisserung als
       demokratisch rechtskonservativer Partei“, kritisierte der Grüne Helge
       Limburg. Auch SPD-Ministerpräsident Stephan Weil schaltete sich in die
       Debatte ein und warnte vor einer „Skandalisierung“, die nur der neuen
       Rechten diene: „Lassen Sie uns die Rechtspopulisten nicht noch stärker
       machen, als sie ohnehin schon sind.“
       
       Denn auch den Christdemokraten war schon vor der Abstimmung klar, dass ihre
       Ministeranklage keine Chance hat – um ein Regierungsmitglied vor den
       Staatsgerichtshof zu zerren, ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Die
       Anklage scheint deshalb Teil einer Kampagne, mit der die CDU besonders
       Angst vor Muslimen schürt: Mit einem parlamentarischen
       Untersuchungsausschuss versuchen die Christdemokraten, angebliche
       Sicherheitslücken bei Niedersachsens Polizei und Verfassungsschutz
       aufzudecken – so etwa im Fall der Messerattacke der zum Tatzeitpunkt
       15-jährigen Safia S. auf einen Bundespolizisten im Hauptbahnhof Hannover.
       
       Auch die „Islam-Verträge“, mit denen Rot-Grün Muslimen mehr staatliche
       Anerkennung verschaffen will, blockieren die Konservativen seit Monaten.
       
       13 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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