# taz.de -- Kommentar zur Betroffenheit: Krokodilstränen für Aleppo > Jahrelang hat die Linke das Leid der Menschen in Syrien mehr oder weniger > ignoriert. Ihr Mitgefühl entdeckt sie jetzt, da sie schutzlos sind. (IMG) Bild: Alles Terroristen? Viele Zivilisten wollten Aleppo verlassen, doch alle Wege waren ihnen versperrt Plötzlich sind alle betroffen. Seit über vier Jahren bombt Syriens Regime den von Rebellen gehaltenen Teil der Millionenstadt Aleppo in Schutt und Asche, zuletzt zusammen mit Russlands Luftwaffe. Seit vier Monaten war der Belagerungsring so dicht geschlossen, dass es für Hunderttausende Menschen kein Entkommen mehr vor dem Bombenhagel gab. Seit vier Wochen läuft die Bodenoffensive der syrischen Regierungsarmee, in Wirklichkeit ein bunter Haufen syrischer, iranischer, libanesischer und irakischer Kämpfer unter russischer Anleitung. Seit vier Tagen ist die Schlacht um Aleppo faktisch entschieden. Wo einst von der Revolution geträumt wurde, stehen jetzt Ruinenhaufen voller traumatisierter Menschen am Ende ihrer Kräfte, ohne jeden Schutz. Die Massenmörder machten nie einen Hehl daraus, worum es ihnen ging. „Wer sich weigert, Aleppo freiwillig zu verlassen, der wird vernichtet“, sagte Russlands Außenminister Sergei Lawrow erst vor Kurzem. Zugleich machten immer neue Angriffe es unmöglich, Aleppo zu verlassen. Feuerpausen und humanitäre Hilfe wurden immer wieder abgeblockt. Wer damals aus Aleppo um Hilfe rief, wurde in weiten Teilen der linken Öffentlichkeit abgetan als mutmaßlicher Islamist. Jeder aus Aleppo hinausgesandte Augenzeugenbericht wurde als mögliche Propaganda unter Generalverdacht gestellt, sogar in manchen seriösen Medien. Solange es noch eine reelle Chance gab, eine Wende im Krieg zu erreichen, wurden die Eingekesselten nicht ernst genommen. Nun, da alles zu spät ist, werden die Menschen in Aleppo plötzlich entdeckt: als hilf- und schutzlose Opfer, für die man ganz dringend etwas tun muss. Als Objekt des humanitären Mitleids sind Syrer immer gut, besonders wenn sie fliehen. Wenn sie bleiben und sich gegen Mörder verteidigen, will von ihnen hingegen niemand etwas wissen. Es ist von Evakuierungen aus Aleppo in die Rebellenprovinz Idlib die Rede. Aber diese Provinz ist nahezu tagtäglich Ziel schwerer russischer Luftangriffe. Syriens Diktator, so scheint es, hat Blut geleckt. Die Gefahr ist groß, dass er seine Gegner in ihrer letzten zusammenhängenden Hochburg zusammentreiben lässt, um sie dort endgültig vernichten zu können. Dann kann er den Frieden ausrufen – auf einem Friedhof, der einst Syrien war. Lesen Sie auch: [1][Emran Feroz über antiimperialistische Linke in der Syrien-Frage]. 15 Dec 2016 ## LINKS (DIR) [1] /Haltung-zu-Aleppo/!5363552/ ## AUTOREN (DIR) Dominic Johnson ## TAGS (DIR) Aleppo (DIR) Schwerpunkt Syrienkrieg (DIR) Baschar al-Assad (DIR) Russland (DIR) Europäische Linke (DIR) Linke (DIR) Russland (DIR) Syrien (DIR) Aleppo (DIR) Schwerpunkt Syrienkrieg (DIR) Aleppo (DIR) Aleppo (DIR) Schwerpunkt Syrienkrieg (DIR) Syrien ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Rebellengebiet im syrischen Ost-Aleppo: Unklarheit über Evakuierungsaktion Die Evakuierung in Ost-Aleppo scheint unterbrochen zu sein. Noch immer sollen sich Zehntausende Menschen im Rebellengebiet befinden. (DIR) Syrien nach dem Fall von Aleppo: Das Ziel heißt Idlib Rebellen aus Aleppo und ihre Familien sollen nach Idlib evakuiert werden. Doch die Provinz im Nordwesten Syriens wird von Islamisten kontrolliert. (DIR) Evakuierung aus Ost-Aleppo beginnt: Keine Schüsse, keine Menschen Syriens Präsident Assad verkündet, die Stadt sei befreit. Busse und Krankenwagen bringen Zivilisten und Kämpfer in andere Rebellengebiete. (DIR) Kampf um Aleppo: Menschen warten auf Evakuierung Mehrere Konfliktparteien berichten über eine neue Waffenruhe für Ost-Aleppo. Ein Krankenwagen fällt unter Beschuss. Erste Transportmittel sind unterwegs. (DIR) Haltung zu Aleppo: Mit zweierlei Maß An der Syrien-Frage zeigt sich, wie fehlgeleitet so manche antiimperialistische Linke sind: Sie feiern Putin und Assad und verhöhnen die Opfer des Kriegs. (DIR) Krieg in Syrien: Was von Aleppo bleibt Das Schicksal Ost-Aleppos ist noch nicht ausgefochten. Verhandlungslösungen werden unwahrscheinlicher, die Rebellen dürften sich weiter radikalisieren. (DIR) Krieg in Syrien: Erneute Kämpfe in Aleppo Die Feuerpause für Ost-Aleppo ist vorbei. Beide Parteien beschuldigen sich gegenseitig, sie gebrochen zu haben. Und der geplante Abzug der Rebellen verzögert sich. (DIR) Katastrophale Lage in Aleppo: „Wir haben nichts mehr“ Bewohner senden verzweifelt Botschaften aus Ostaleppo. Regierungstruppen feiern schon den Sieg, dann einigen sich die Rebellen auf einen Abzug.