# taz.de -- Die Wahrheit: Der Quarkrührer
       
       > Für seine enormen Verdienste als Förderer der Sportsprache erhält der
       > „Kicker“-Oberboss Rainer Holzschuh einen Sonderpreis der Wahrheit.
       
 (IMG) Bild: Männer des Fußballsports: Sir Alex Ferguson und Rainer Holzschuh (r.) im Oktober 2016 in Nürnberg
       
       Im Oktober dieses menschheitsgeschichtlich höchst bedeutsamen Jauchejahres
       veranstaltete die im „Dürerhauptquartier“ (Philipp Moll) Nürnberg ansässige
       Alldeutsche Akademie für Fußball-Kultur zum elften Mal eine Jahresgala, auf
       der nunmehr fünf Preise für Leistungen und Initiativen verliehen wurden,
       die die Fußballkultur oder die Kultur des Fußballs oder den Fußball der
       Kultur oder die Kulturalisierung des Stoßens eines Balls mittels eines
       Fußes wuchtig voranbringen; teils durchaus sinnvolle Auszeichnungen für
       soziale Integrationsarbeit oder das Schreiben von Büchern, teils lässliche
       (für Blogs und Sprüche) und eine eher dubiose: der Walther-Bensemann-Preis.
       
       Ebenjenen haben – für ihr Lebenswerk – bereits die ehrenhaften Männer
       Alfredo di Stéfano, César Luis Menotti und Bobby Charlton entgegengenommen,
       aber auch solche Sauberbatzen wie Beckenbauer, Rehhagel und Netzer. In
       diesem Jahr war die Wahl auf Alex Ferguson gefallen, da will man nicht
       meckern.
       
       ## Formulierungsfex bereitet Sprachschmaus
       
       Jeden Dezember erreicht mich, der ich tatsächlich Mitglied besagter
       fußballphilosophischen Schulungsanstalt bin, zum weihnachtlichen Feste ein
       Jahresbericht der Akademie und eine Sonderbeilage des Kicker, in der man
       die erwähnte Jubel- und Trubelfete Revue passieren lässt. Diesmal warf ich
       einen Blick in das Editorial des Herausgebers Rainer Holzschuh – und fand
       mich unverzüglich in der zauberhaftesten Jahresendzeitstimmung wieder. Was
       für einen Sprachschmaus hatte der ehemalige Pressechef des DFB, dieser von
       mir seit Vorzeiten vergötterte Formulierungsfex, da angerichtet, ja
       geradezu in Edmund Stoiber’scher Manier hingerichtet!
       
       „Absoluter Höhepunkt einer jeden Gala ist dabei eine Ehrung, die nach dem
       Gründer des Kicker, Walther Bensemann, benannt ist und in Deutschland wohl
       Einmaligkeit bedeutet“, schreibt Holzschuh. Eine Ehrung indes bedeutet –
       transitiv – nicht bloß Einmaligkeit (statt lediglich einmalig zu sein),
       sondern obendrein ein Ereignis, zumal ein besonderes: „Ihn in Nürnberg
       auszuzeichnen bedeutete für alle Teilnehmer ein besonderes Ereignis.“
       
       So endet diese offene Epistel aus der Schnitzerwerkstatt des
       Fußballsprachkultursonderleisters Rainer Holzschuh, und sie beginnt damit,
       dass die Akademie „eine Jahres-Gala“ „startete“ (auf die Plätze!), mit der
       sie schon vor zehn Jahren was beabsichtigt hatte? „Mit der sie der
       breiteren Öffentlichkeit einen Querschnitt ihrer Philosophie aufzeigen
       wollte.“ Denn in der Schule soll man aufzeigen, wenn es um den Querschnitt
       ihrer Philosophie geht.
       
       Es ist wirklich wahr: Ein einziger kümmerlicher Satz in diesem
       gnadenreichen Sendschreiben ist grammatikalisch und stilistisch halbwegs
       noch ganz dicht. Der hier allerdings nicht: „Wichtig ist für alle, die sich
       für diese ‚Fußball-Akademie‘ interessieren oder sich gar in ihr engagieren,
       die Bedeutung des Fußballs über rein emotionale Sicht hinaus auf seine
       soziale, integrative Kraft, ja ästhetische Kultur zu vertiefen.“
       
       Ich habe mich nicht vertippt. Steht da tatsächlich so. Oder das: „Manche
       Nachahmer haben eigene Gruppierungen gefunden, um auf ähnliche Weise den
       Fußball zu interpretieren.“ Das sind vermutlich die Blogger, die ihre
       eigenen Blogs allerdings kaum gefunden haben. Sie dürften sie gegründet
       oder eingerichtet haben, getrieben von „der Vision …, den Blick nicht nur
       auf Ergebnisse, Tabellen und Spielabläufe zu richten“, nämlich darüber
       hinaus auf Spielverläufe, die sie sich offenbar einbilden.
       
       ## Buchstabenwurm voller Fehler
       
       Einen noch? Gut. Wie viele Fehler finden Sie in diesem Buchstabenwurm? „Ein
       Kompliment für die Initiatoren der Akademie und alle die, die sich
       dazugehörig fühlen, ebenso für die Verantwortlichen mit der Stadt Nürnberg,
       dem Kicker-Sportmagazin als fachlicher und medialer Partner sowie der
       Teambank als Sponsor von Beginn an.“
       
       Der Einsender, der die meisten Fehler ranschleppt, kriegt von mir ein
       Sixpack Tucher Nürnberger Pils (mit Fehlnoten). So weit die deutsche Zunge
       auch klingt, kein anderer räumt die Sprache, die mit ihrer Hilfe gesprochen
       wird, gründlicher ab als Rainer Holzschuh, der Präsident des Verbandes
       Europäischer Sportmagazine. Der Sportsprachrührquarkpreis 2016 also geht,
       auch in dieser mesosphärischen Höhe voll verdient, frei Haus an Prof.
       Rainer Holzschuh, Nürnberg. Lasset die Kronkorken emporschießen und die
       Sektfontänen knallen!
       
       28 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Roth
       
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