# taz.de -- Nach Flugzeugabsturz in 2003: Schlamperei bei Spaniens Behörden
       
       > 2003 sterben 75 Menschen beim Absturz eines Truppentransporters. Jetzt
       > sollen die Ursachen neu untersucht werden.
       
 (IMG) Bild: Die neue spanische Verteidigungsministerin María Dolores de Cospedal bei ihrem Amtsantritt am 4. November 2016
       
       MADRID taz Bei den Angehörigen der Opfer des schwersten Flugzeugunglücks
       der spanischen Armee keimt Hoffnung auf. Verteidigungsministerin María
       Dolores de Cospedal hat ihnen am Dienstag zugesagt, die Umstände des
       Unglücks neu untersuchen zu lassen.
       
       Am 26. Mai 2003 war der von der Ukraine gemietete Truppentransporter auf
       dem Rückflug aus Afghanistan im türkischen Trabzon abgestürzt. Dabei waren
       auch 62 spanische Soldaten, 12 ukrainische Besatzungsmitglieder sowie ein
       Passagier aus Weißrussland ums Leben gekommen. Bisher hatte die Regierung
       den Fall für abgeschlossen erklärt.
       
       Anlass der Neubewertung ist die Beurteilung des Unglücks durch den
       spanischen Staatsrat, wonach Indizien darauf verweisen, dass der
       Truppentransporter Yakulev 42 aufgrund bekannter Risiken nie hätte
       eingesetzt werden dürfen.
       
       Bereits vor dem Absturz hatten sich Soldaten immer wieder erfolglos über
       den schlechten Zustand der ukrainischen Maschinen beschwert. Die Regierung
       suchte dennoch die Ursache für das Unglück ausschließlich im „menschlichen
       Versagen“.
       
       ## Ein Leichnam mit drei Füßen
       
       Der Absturz kam zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Spaniens Truppen
       standen damals nicht nur in Afghanistan, sondern auch im Irak. Zu Hause gab
       es Massenproteste. Regierungschef José María Aznar und
       Verteidigungsminister Federico Trillo taten alles, um den Vorfall so
       schnell wie möglich zu den Akten zu legen.
       
       In nur 60 Stunden wurden die sterbliche Überreste aus der Türkei nach
       Spanien überführt, geehrt, den Familien übergeben und beigesetzt. Die
       Dienstplaketten der Soldaten hätten eine Identifizierung in Rekordzeit
       ermöglicht. Die für die Rückführung verantwortlichen Offiziere wurden
       umgehend befördert.
       
       Wenige Monate später kam dann die makabre Wahrheit ans Licht: Auf einer
       Reise nach Trabzon stießen die Angehörigen an der Unfallstelle auf mehrere
       Erkennungsmarken, andere wurden ihnen von einem Imam übergeben, dessen
       Gemeindemitglieder sie in den Bergen gefunden hatten. Ein türkischer Anwalt
       deckte auf, dass die spanische Armee 30 völlig verstümmelte Leichen
       mitgenommen hatte, ohne dass die türkischen Behörden Zeit gehabt hätten,
       sie zu identifizieren. In Spanien wurden die Gräber geöffnet. In einem fand
       sich eine Leiche mit drei Füßen, im Grab eines schwarzen Offiziers lag ein
       weißer Leichnam.
       
       ## Verträge sind unauffindbar
       
       Die Angehörigen gingen vor Gericht. Die PP übernahm die Kosten für die
       Verteidigung der betroffenen Offiziere. Minister Trillo, Mitglied der
       katholischen Geheimsekte Opus Dei, wurde vom heutigen konservativen
       Regierungschef Mariano Rajoy, der damals Vizeregierungschef war, als
       Botschafter nach London geschickt.
       
       Alle Verfahren gegen das Verteidigungsministerium blieben erfolglos. Viele
       Fragen sind bis heute unbeantwortet. Die Mietkosten der Yak-42 beliefen
       sich offiziell auf 149.000 Euro. Doch die Fluggesellschaft kassierte nur
       38.500 Euro. Der Rest ging angeblich an Vermittlungsagenturen. Doch
       Verträge aus jener Zeit sind nicht mehr auffindbar. Nur ein Dokument
       bekamen die Angehörigen in die Hände. Betrag und ein Teil der
       Vertragsbedingungen waren darauf unkenntlich gemacht.
       
       Cospedal versprach den Angehörigen jetzt, nach den Verträgen zu suchen.
       Zugleich verwies sie darauf, dass auch die sozialistische Regierung unter
       Jose Luis Zapatero, die auf Aznar folgte, die Verträge trotz intensivster
       Suche nicht gefunden habe.
       
       11 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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