# taz.de -- Repression in Südkorea: Schwarze Liste für Regierungskritiker
       
       > Die suspendierte Präsidentin erließ Sanktionen gegen kritische Künstler.
       > Das Kulturministerium enthielt öffentliche Gelder und Preise vor.
       
 (IMG) Bild: Südkoreanische Kunst dieser Tage
       
       SEOUL taz | Am Seouler Gwanghwamun-Platz, auf dem vor wenigen Wochen knapp
       zwei Millionen Bürger den Rücktritt der Präsidentin gefordert haben, steht
       die mittlerweile suspendierte Park Geun Hye als überlebensgroße Pappfigur.
       Mit ihrem Beraterkreis wurde sie von einer Künstlergruppe in blaue
       Häftlingskleidung gehüllt und in einen Gitterkäfig eingeschlossen.
       
       Noch ist dies eine Wunschvorstellung einiger Aktivisten. Doch mit jeder
       weiteren Enthüllung in dem bisher schwerwiegendsten Politskandal in der
       noch jungen Demokratie wird Parks strafrechtliche Verurteilung
       wahrscheinlicher. Derzeit prüft das Verfassungsgericht die Amtsenthebung
       der 64-Jährigen. Unter anderem wirft man ihr vor, mithilfe einer Freundin
       Millionenbeträge von Großkonzernen erpresst zu haben. Doch der jüngste
       Vorwurf bestätigt den lange gehegten Verdacht, dass Park auch freie
       Meinungsäußerung unterdrückte wie einst ihr Vater, der Diktator Park Chung
       Hee.
       
       Laut den Ermittlungen der Sonderstaatsanwaltschaft führte das
       Kulturministerium eine „schwarze Liste“ von mehreren Tausend in Ungnade
       gefallenen Künstlern. Sie wurden wegen regierungskritischer Äußerungen
       systematisch von öffentlichen Geldern und Staatspreisen ausgeschlossen. Zu
       ihnen zählen der renommierte Filmemacher Park Chan Wook („Oldboy“) und
       Schauspieler Ryoo Seung Wan („Veteran“). Eine frühere Kulturministerin
       erklärte den Ermittlern, die Liste sei direkt von der Präsidentin
       angeordnet worden.
       
       Aus Protest stellten betroffene Künstler am Montag am Gwanghwamun-Platz ein
       „schwarzes Zelt“ auf. Jeden Abend werden hier politische Stücke aufgeführt.
       „Die öffentlichen Theater erfüllen längst nicht mehr ihre eigentliche
       Aufgabe, weil sie die wichtigen Fragen der Gesellschaft ignorieren“, sagt
       Lee Hae Seong, der die Künstler vertritt. Die Zensur im Kulturbereich habe
       sich unter Park verschlimmert. „Wir bauen das Zelt erst ab, wenn die
       Präsidentin ganz offiziell abtritt.“
       
       ## Förderung gestrichen
       
       Schon seit letztem Frühjahr gab es Gerüchte um die schwarze Liste. Damals
       verloren zwei preisgekrönte Regisseure nach der Inszenierung politisch
       brisanter Stoffe ihre Förderung. Und das Filmfestival in Busan – das
       wichtigste Ostasiens – verlor die Hälfte seiner öffentlichen Gelder, als
       es sich geweigert hatte, eine regierungskritische Dokumentation aus dem
       Programm zu nehmen.
       
       Der Aufschrei war stets laut, doch ließ sich nichts beweisen. Nun jedoch
       tauchen im Rahmen der Ermittlungen im Präsidentenskandal immer mehr Fakten
       auf. Im Notizbuch eines Präsidentenberaters steht explizit, wie der Maler
       Hong Sung Dam für ein Gemälde „zu bestrafen“ sei, das die Präsidentin als
       autokratische Diktatorentochter verunglimpft. Kurz darauf wurde der Maler
       wegen Diffamierung angeklagt, die Ausstellung seines Werks bei der Gwangju
       Biennale aufgrund einer Regierungsdirektive gestrichen, und konservative
       Aktivisten marschierten vor seinem Apartment auf, wo sie ihn lautstark als
       „Kommunistenmaler“ brandmarkten.
       
       Als der Dichter Ko Un, einer der renommiertesten Südkoreas, zu seinem
       Eintrag auf der Liste befragt wurde, sagte er nur: „Es ist mir eine Ehre.
       Das zeigt, wie widerwärtig die Regierung ist.“
       
       19 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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