# taz.de -- Kommentar Reform Unterhaltsvorschuss: Warum erst jetzt?
       
       > Die bisherige Regelung zum Unterhaltsvorschuss zeigte vor allem eins: ein
       > staatliches Desinteresse an den Alleinerziehenden.
       
 (IMG) Bild: Könnte das Geld bald neben dem Kinoticket auch noch für die Tüte Popcorn reichen?
       
       Es gibt Zahlen, die wollen einfach nicht zusammenpassen. Zum Beispiel 9
       Euro Hartz-IV-Regelsatz für ein Kind pro Tag und die Tatsache, dass einmal
       „Ritter Rost“ im Kino angucken 8,80 Euro kostet. Das Kind kann also
       entweder essen oder ins Kino gehen. Es sind insbesondere die
       Alleinerziehenden, die jeden Euro dreimal umdrehen und einen bei der Frage
       nach dem Kinobesuch nur verzweifelt anlächeln. Die Hälfte aller armen
       Kinder lebt bei Alleinerziehenden. Aber deren Expartner zahlen oft keinen
       oder nicht genug Unterhalt für das Kind. [1][Würde der Staat nicht in
       Vorleistung gehen mit dem Unterhaltsvorschuss], dann bliebe oft nichts als
       Hartz IV – staatlich verordnete Armut, kein „Ritter Rost“.
       
       Viele Alleinerziehende können sich mit dem staatlichen Unterhaltsvorschuss
       von durchschnittlich etwa 200 Euro gerade so halten, dass sie nicht im
       Hartz-IV-Bezug landen. Bisher endete diese Phase abrupt, wenn das Kind 12
       Jahre alt war. Plötzlich reicht es dann nicht mehr, plötzlich müssen die
       berüchtigten 40 Seiten Hartz-IV-Anträge ausgefüllt und der Notgroschen
       abgeschmolzen werden – und der Kinobesuch ist Geschichte.
       
       Diese Grenze war ebenso wie die Beschränkung der Zahlung auf insgesamt
       sechs Jahre völlig willkürlich und zeigte vor allem eins: ein staatliches
       Desinteresse an den Alleinerziehenden, die große Mehrheit von ihnen Frauen.
       Als hätte sie ein Schicksalsschlag getroffen, der so ungewöhnlich ist, dass
       sie leider in der Grundsicherung landen.
       
       Zum einen ist eine Trennung kein Schicksalsschlag, sondern Normalität in
       Deutschland. Zum anderen ist ein nichtzahlender Expartner ebenfalls kein
       Schicksal, sondern oft das Ergebnis schlichter Rechenkünste ebendieses
       Expartners. Dass der oder die Alleinerziehende und die Kinder dafür quasi
       bestraft werden, ist nicht erklärbar. Und so kann man zu [2][dieser
       Angleichung des Unterhaltsvorschusses] eigentlich nur eines sagen: Warum
       erst jetzt?
       
       24 Jan 2017
       
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 (DIR) Heide Oestreich
       
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