# taz.de -- Modellversuch in Bremer Kitas: Nur ein bisschen teurer
       
       > In drei Kitas gibt es zehn Monate lang nur noch Bioessen – um praktisch
       > zu erforschen, ob und wie viel das zusätzlich kostet
       
 (IMG) Bild: Lecker und gesund: Gemüse
       
       BREMEN taz | Drei Kitas dürfen ihre Kinder ab sofort zehn Monate lang rein
       biologisch verpflegen. 364 Kinder sind an diesem Feldversuch beteiligt, bei
       dem es um die Frage geht: Kann sich Bremen das auf Dauer leisten?
       
       Normalerweise darf die Ernährung eines Kindes in der Kindertagesstätte 1,50
       Euro pro Tag kosten, zieht man einen Imbiss und das Frühstück ab, bleiben
       für das Mittagessen etwa 1,20 Euro übrig. In Bremen geht man davon aus,
       dass Biolebensmittel, die möglichst aus der Region kommen, etwa 30 Cent
       mehr pro Mahlzeit kosten. Erfahrungen aus ähnlichen Projekten in München
       haben gezeigt, dass die Mehrkosten an Anfang noch höher sind, durch neue
       Vertriebswege und eine andere Speiseplanung mit der Zeit aber wieder
       sinken. Für den bis Oktober dauernden Modellversuch darf das Bioessen in
       der Kita deshalb maximal 50 Cent pro Mahlzeit mehr kosten als sonst.
       Insgesamt stehen für die drei Pilot-Kitas in Horn, Vegesack und der
       Neustadt dank Sponsoren 36.400 Euro zur Verfügung.
       
       Wer den Nachweis erbringt, dass man auch mit geringeren Mehrkosten die
       Kinder biologisch ernähren kann, darf die restlichen Projektmittel
       behalten, sagt der grüne Umweltsenator Joachim Lohse. Er geht davon aus,
       dass am Ende ein „vergleichsweise kleiner Zusatzbetrag“ ausreicht, um
       dauerhaft biologisches Essen in allen Bremer Kitas anbieten zu können. Ob
       das stimmt, soll der praktische Test herausfinden.
       
       Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, für die Verpflegung in
       Kindertageseinrichtungen pro Woche nicht mehr als zweimal Fleisch oder
       Wurst anzubieten. Bis 2022 – das hat Rot-Grün so beschlossen – soll es in
       allen Bremer Schulen und Kitas kein Billigfleisch mehr geben, in den
       Krankenhäusern sollen bis 2024 mindestens 75 Prozent des verwendeten
       Fleisches der EG-Öko-Basisverordnung entsprechen. Die Umstellung auf
       Biofleisch soll aber „aufwendungsneutral“ erfolgen – mehr kosten darf die
       Umstellung nicht. In der rot-grünen Koalitionsvereinbarung von 2015 heißt
       es indes: Weil „ökologisch erzeugte Tierprodukte mittelfristig einen
       höheren Einkaufspreis haben, sind wir in der Stadt Bremen bereit, den zu
       erwartenden höheren Preis von Kindergarten-, Hort- und Schulverpflegung zu
       Lasten des Sozialetats zu decken“.
       
       Rund 8.500 Kinder müssen in 71 Bremer Kitas mit Essen versorgt werden, sagt
       Wolfgang Bahlmann, Geschäftsführer von Kita Bremen, über 1.000 Plätze
       fehlten derzeit. Dennoch passt so ein „qualitativer Ausbau“, wie er es
       nennt, „gut in die Zeit“. Seinen Angaben zufolge gebe es schon heute
       einzelne Kitaküchen mit einem Bioanteil von rund einem Drittel. Mindestens
       zehn Prozent seien es in allen Bremer Kitas.
       
       Eine der Kitas, die an dem Modellversuch teilnehmen, liegt im Hohentor,
       zwischen Beck’s, der Hochstraße und Mondelez. 110 Kinder werden dort
       betreut, 30 davon sind noch keine drei Jahre alt, mehr als drei Viertel
       aller Kinder haben einen Migrationshintergrund. „Wir haben sofort hier
       geschrien, als Kitas für das Modellprojekt gesucht wurden“, sagt Jutta
       Philipson-Eichert, die Leiterin des Kinder- und Familienzentrums Hohentor –
       und dass sie auf das Ergebnis „gespannt“ sei. Bei den Eltern sei das
       Vorhaben „sehr positiv“ aufgenommen worden, aus der Kita im eher
       bürgerlichen Horn wird Ähnliches berichtet. „Wir sind mit dem Projekt ganz
       nahe an der Gesellschaft“, sagt Lea Unterholzner vom Verein
       Sozial-Ökologie, einem der Träger des Pilotprojekts. Sie will damit nicht
       nur „die Produkte aus der Region in die Stadt bringen“, sondern auch die
       Ernährungssensibilität der Kinder stärken.
       
       Die Nachfrage aus Kitas und Schulen nach biologischen Lebensmitteln
       „wächst“, sagt Martin Clausen, Geschäftsführer des Naturkost-Kontors
       Bremen, einem Zusammenschluss von sechs Biolandwirten. „Die Zuwächse sind
       nicht unerheblich“, sagt Clausen. Die hiesige Landwirtschaft wird heute zu
       rund 15 Prozent biologisch bewirtschaftet, sagt Lohse. Damit liegt Bremen
       jedenfalls prozentual über dem Länderschnitt. „Wir wollen das noch
       steigern“, so Lohse.
       
       31 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Zier
       
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