# taz.de -- Skandal um rechte Schule in Japan: Die Affäre heißt „Akheed“
       
       > Regierungschef Abe soll die Erziehung von Kleinkindern im Geist des
       > Ultranationalismus unterstützt haben. Seine Frau sollte Ehrendirektorin
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Unterstützen ultranationalistische Erziehung: Shinzo Abe und seine Frau Akie
       
       TOKIO taz | Wenn Japans Premierminister Shinzo Abe Montagvormittag mit der
       deutschen Kanzlerin Angela Merkel über die Computermesse CeBIT in Hannover
       schlendert, kann er damit für ein paar Stunden dem ersten handfesten
       Skandal seiner vierjährigen Amtszeit entkommen. Darin ist der innerste
       Zirkel von Abe verwickelt: Seine Ehefrau Akie, Verteidigungsministerin
       Tomomi Inada und Finanzminister Taro Aso. Stein des Anstoßes ist die
       Unterstützung eines Betreibers von ultranationalistischen Kindergärten in
       Osaka namens „Moritomo Gakuen“.
       
       Abe hatte im Parlament seinen Rücktritt versprochen, falls er in ein
       dubioses Immobiliengeschäft zugunsten des Betreibers verwickelt sei. Doch
       vergangene Woche enthüllte der Kindergarten-Leiter Yasunori Kagoike, Abes
       Frau habe der Einrichtung 1 Million Yen (8.200 Euro) gespendet.
       Kabinettssprecher Yoshihide Suga dementierte umgehend. Auf dem
       Einzahlungsbeleg ist jedoch zu erkennen, dass der Name Shinzo Abe zuerst
       eingetragen und dann überschrieben wurde. In einem Wortspiel mit dem
       Lockheed-Skandal der siebziger Jahre sprechen japanische Medien vom
       „Akeed-Skandal“ und zielen damit auf Abes Frau Akie.
       
       Politische Beobachter gehen nicht davon aus, dass Abe über den Skandal
       stürzen könnte. Aber Umfragen zufolge ist seine Popularität deutlich
       eingebrochen. Bisher hatte der konservative Regierungschef es immer
       geschafft, seine Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen im Dunkeln zu
       halten. Doch der Leiter von „Moritomo Gakuen“ ist ein führendes Mitglied
       der Schattenorganisation Nippon Kaigi (Japan-Konferenz), die den „Ruhm“ de
       japanischen Kaiserreichs wiederherstellen will. Viele Abe-Minister gehören
       Nippon Kaigi an oder stehen der Gruppe nahe. Abe selbst soll Sympathisant
       sein.
       
       Dies lässt sich kaum noch verbergen, seitdem seine Frau eingewilligt hatte,
       Ehrendirektorin der neuen Grundschule zu werden, die der
       Kindergartenbetreiber im April eröffnen wollte. Die Schule sollte den Namen
       von Shinzo Abe tragen. In einer Rede hatte Frau Abe den Erziehungsstil von
       „Moritomo Gakuen“ gelobt. Dort müssen die drei- bis fünfjährigen Kinder das
       kaiserliche Erziehungsedikt von 1890 auswendig lernen. Es verlangt, sein
       Leben für den japanischen Staat zu opfern. Viele Japaner reagierten
       schockiert: Sie hatten es nicht für möglich gehalten, dass japanische
       Kinder im 21. Jahrhundert noch in diesem Geist erzogen wurden. Das Edikt
       wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA in Japan als eine Ursache für
       den japanischen Imperialismus verboten.
       
       Der Kindergarten-Betreiber hatte für die Grundschule auch öffentliches Land
       mit einem Preisnachlass von 90 Prozent erhalten. Dafür ist das
       Finanzministerium zuständig. Angeblich war eine Bodenkontaminierung der
       Grund für den extrem niedrigen Kaufpreis. Aber die Opposition bezweifelt
       diese Darstellung, da Mitarbeiter von „Moritomo Gakuen“ um einen günstigen
       Preis gebeten hatten.
       
       Zudem war Verteidigungsministerin Tomomi Inada, die als mögliche
       Nachfolgerin von Abe gilt, vor dreizehn Jahren als Anwältin für die
       Erziehungsanstalt tätig. Dies räumte Inada nach anfänglichem Leugnen im
       Parlament ein. Sie hätte den Kontakt zu Einrichtungsleiter Kagoike
       abgebrochen, weil sie sich sexuell belästigt gefühlt habe, deutete sie an.
       Dies hielt Inada jedoch nicht davon ab, sich bei ihm dafür zu bedanken, die
       Kindergartenkinder zur Begrüßung von Kriegsschiffen in den Hafen Osaka
       geschickt zu haben. Die Opposition reibt sich die Hände: Am Donnerstag wird
       Kagoike im Parlament unter Eid befragt.
       
       19 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Fritz
       
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