# taz.de -- Kolumne American Pie: Angst vor Trump-Tweets?
       
       > Vergangenen Sommer wurde Colin Kaepernick zu einer Symbolfigur des
       > politischen Protests. Nun findet er keine neue Anstellung mehr in der
       > NFL.
       
 (IMG) Bild: Colin Kaepernick (Mitte) kniet mit zwei Mannschaftskameraden während der Nationalhymne
       
       Aktuellen Zahlen zufolge sind 7,5 Millionen US-Amerikaner arbeitslos. Einer
       von ihnen heißt Colin Kaepernick. Sein Stellengesuch läse sich etwa so:
       NFL-Quarterback, 29 Jahre alt, sechs Spielzeiten Berufserfahrung auf
       höchstem Niveau, Beinahe-Super-Bowl-Sieger, politisch interessiert und
       sozial engagiert, ist nach drei Operationen vor gut einem Jahr nun wieder
       vollkommen fit und sucht eine neue Herausforderung. Sonntagsarbeit ist kein
       Problem.
       
       Die 32 Teams der National Football League (NFL) haben mindestens zwei
       Quarterbacks unter Vertrag, einen für die Startformation und einen
       Ersatzmann. Das heißt, es gibt 64 Stellen mit einem Jobprofil, das auf
       Colin Kapernick passt. Trotzdem hat noch kein einziges Team auch nur
       signalisiert, über eine Verpflichtung Kaepernicks nachzudenken.
       
       Für viele liegt der Grund dafür auf der Hand: Es war die Protestaktion,
       durch die der Football-Profi im vergangenen Sommer schlagartig bekannt und
       zu einer kontrovers diskutierten Figur wurde. Kaepernick hatte vor den
       Spielen der 49ers nicht wie sonst üblich während der Nationalhymne stramm
       gestanden, sondern es vorgezogen, das „Star-Spangled Banner“ [1][knieend
       und mit gesenktem Kopf über sich ergehen zu lassen].
       
       Damit wollte er auf soziale Ungerechtigkeiten und Rassismus in den USA
       aufmerksam machen, wurde zu einer Symbolfigur der Protestbewegung und fand
       viele Nachahmer in anderen Mannschaften und Sportarten.
       
       ## NFL-Klubs gehören Patriarchen
       
       Die konservativen Kommentatoren dagegen schäumten und in den sozialen
       Medien tobten nicht nur die Trolle. Ein gewisser Donald Trump, der damals
       noch nicht Präsident war, empfahl Kaepernick, er solle sich „doch ein
       anderes Land suchen, in dem es ihm besser gefällt“.
       
       Vor zwei Wochen sagte Präsident Trump in Kentucky: „Ich habe heute einen
       Artikel gelesen, in dem berichtet wurde, dass NFL-Teambesitzer ihn nicht
       verpflichten wollen, weil sie Angst haben, einen bösen Tweet von Donald
       Trump zu bekommen.“ Der Saal grölte, Trump grinste zufrieden.
       
       Tatsächlich könnte Trump recht haben. Während Mike Glennon, von dem kein
       Experte behaupten würde, er wäre ein besserer Quarterback, unlängst einen
       mit 45 Millionen Dollar dotierten Dreijahresvertrag bei den Chicago Bears
       unterschrieb, wartet Kaepernick weiter auf Angebote.
       
       Viele NFL-Klubs gehören konservativen Patriarchen, die die Reaktion ihrer
       Fans fürchten. Das gibt niemand zu, aber ein Klubfunktionär, der anonym
       bleiben wollte, nannte Kaepernick „eine Schande für den Football“, einem
       anderen zufolge ist er „ein Landesverräter“.
       
       ## Als abschreckendes Beispiel
       
       Die Diskussion auf den Sportseiten wird derweil noch relativ sachlich
       geführt. Viele Experten versuchen zu erklären, dass Kaepernick über seinen
       Leistungszenit hinaus sein könnte oder dass seine Spielweise nicht ins
       Taktikkonzept vieler Mannschaften passen würde. Der Quarterback trägt
       zumindest eine Teilschuld, weil er sich dem Vernehmen nach nicht auf die
       Ersatzbank setzen will und ein Jahresgehalt von mindestens 9 Millionen
       Dollar fordert.
       
       Eine Absprache unter den Klubbesitzern, eine konzertierte Aktion, schließen
       die Kenner der Liga aus, allerdings gab ein Insider anonym zu, dass „manche
       Klubs Kaepernick als abschreckendes Beispiel aufbauen wollen“, um andere
       Profis von politischen Protesten abzuhalten.
       
       Zuletzt tauchte die Spekulation auf, Klubs würde abschrecken, dass
       Kaepernick Veganer sei. Da wundert sich dann nicht mehr nur Filmregisseur
       Spike Lee, [2][der sich über Instagram äußerte]: „Das stinkt doch alles zum
       Himmel.“
       
       3 Apr 2017
       
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