# taz.de -- Kommentar Stichwahl in Frankreich: Den Albtraum verhindern
       
       > Auch wenn es gute Gründe gibt, an Macrons politischem Programm zu
       > zweifeln: In der Stichwahl gibt es zu ihm keine Alternative.
       
 (IMG) Bild: Der Gegenspieler von Le Pen in der französischen Präsidentschaftswahl: Emmanuel Macron
       
       Es ist die Aufgabe des Journalismus, Alarm zu schlagen. Daher meine
       beunruhigte Äußerung. Vorneweg und ganz ehrlich gesagt: Emmanuel Macron hat
       einen unglaublich symbolischen Fauxpas begangen, als er sich nach dem Sieg
       im ersten Wahlgang schon als zukünftiger Präsident präsentierte. Das hat
       Zweifel aufkommen lassen. Nicht an der Notwendigkeit, für Macron zu
       stimmen. Jenen Wählern, die in ihm nicht die Erfüllung all ihrer Wünsche
       sehen, sei erneut gesagt: Es geht darum, einen Albtraum zu verhindern.
       
       Da ist kein Raum für Zweifel. Das sehen sowohl die Gewerkschaft CGT, die so
       wenig auf einer Linie mit ihm ist wie irgend möglich, als auch der
       Linkspolitiker Jean-Pierre Chevènement, der weder für eine proeuropäische
       Politik noch für den Sozialliberalismus etwas übrig hat.
       
       Tatsächlich stellt sich aber diese eine Frage: Wird Macron, der teuflisch
       begabt, aber ein Neuling, der selbstsicher, aber auch in gewisser Weise
       narzisstisch ist – wird dieser Mann die Stimme nicht nur der gesetzten
       Lifestyle-Linken, der sogenannten Bobos, und der digitalen Boheme, sondern
       der ganzen Republik sein?
       
       Man wird standhalten müssen, den Schock aushalten, angesichts der
       fremdenfeindlichen Kandidatin mit ihrem mechanischen Lachen, mit ihrer
       eisenharten Rhetorik, angesichts dieser selbsternannten
       Volksrepräsentantin, die sich gegen die Eliten zu stellen behauptet. Wir
       werden uns nicht lächerlich machen und Empfehlungen aussprechen. Aber die
       Erwartungen eines Bürgers sind hier zu formulieren.
       
       Die Wahlarithmetik ist unerbittlich. Daher ist Folgendes zu erwarten: Mit
       seinen 24 Prozent im ersten Wahlgang hätte ein zukünftiger Präsident Macron
       eine nichtmacronsche Mehrheit hinter sich. Wie will er die überzeugen, wenn
       er nicht das Verbindende in den Vordergrund stellt; und nicht jenes, was
       trennt?
       
       Volkes Stimme zuhören, moralisch sein, das soziale Gleichgewicht
       respektieren, den Sozialstaat hochhalten, unablässig an einem neuen Europa
       arbeiten; jenseits dieser Minimalzusicherungen verspricht Macron furchtbare
       Enttäuschungen.
       
       Sein Sieg bleibt das wahrscheinlichste Szenario. Aber noch einmal: Es macht
       einen großen Unterschied, ob Marine Le Pen bei 35 Prozent oder bei 45
       Prozent landet. Es ist der Unterschied zwischen einem geschlagenen und
       einem siegreichen Front National. Zwischen einer beruhigten und einer
       bedrohten Republik.
       
       Übersetzung aus dem Französischen: Frédéric Valin
       
       29 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Laurent Joffrin
       
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