# taz.de -- Prozess nach Übergriff auf Flüchtling: Wegen „geringer Schuld“ eingestellt
       
       > Vier Männer hatten in Sachsen in einem Supermarkt einen irakischen
       > Asylbewerber gefesselt. Der Prozess gegen sie ist nun wegen
       > Geringfügigkeit eingestellt worden.
       
 (IMG) Bild: Werden nicht bestraft: Die Angeklagten im Gerichtssaal
       
       KAMENZ afp | Der Prozess gegen vier Männer wegen des gewaltsamen Übergriffs
       auf einen irakischen Asylbewerber in Sachsen ist kurz nach dem Verlesen der
       Anklage eingestellt worden. Der Richter am Amtsgericht Kamenz begründete
       dies am Montag mit der geringen Schuld der Angeklagten, wie eine
       Gerichtssprecherin sagte. Die Strafprozessordnung sieht eine solche
       Möglichkeit wegen Geringfügigkeit vor.
       
       Der Entscheidung war ein gut einstündiges Rechtsgespräch zwischen allen
       Prozessbeteiligten vorausgegangen. Die Anklage hatte den Beschuldigten im
       Alter zwischen 29 und 56 Jahren Freiheitsberaubung vorgeworfen. Sie sollen
       den 21-jährigen Iraker vor knapp einem Jahr aus einen Supermarkt im
       sächsischen Arnsdorf gezerrt und mit Kabelbindern an einen Baum gefesselt
       haben.
       
       [1][Der Vorfall hatte damals bundesweit Wellen geschlagen.] Bei dem Iraker
       handelte es sich um einen damaligen Patienten des psychiatrischen
       Fachkrankenhauses in Arnsdorf. Von dem Vorfall am 21. Mai kursierte ein
       Video im Internet, in dem mehrere Männer zu sehen sind, die den Iraker aus
       dem Supermarkt zerren. Im Hintergrund ist eine Frauenstimme zu hören mit
       den Worten: „Ist schon schade, dass man eine Bürgerwehr braucht.“
       
       Die Angreifer sollen den Iraker dann mit Kabelbindern gefesselt und zu
       Boden gedrückt sowie schließlich an einen Baum gebunden haben. Zuvor soll
       es Probleme und Verständigungsschwierigkeiten wegen einer von dem Iraker in
       einem Discounter gekauften Telefonkarte gegeben haben. Schließlich
       eskalierte die Situation.
       
       Die Beschuldigten gaben damals zur Begründung an, sie hätten eine
       angebliche Gefährdungssituation abwenden und den Iraker an der Flucht
       hindern wollen. Die Polizei stellte aber bereits kurz nach dem Vorfall
       klar, dass es weder einen Diebstahl noch eine Sachbeschädigung gegeben
       habe.
       
       Auch die Vorwürfe der Beschuldigten, der Iraker habe Mitarbeiter des
       Supermarkts bedroht, erhärteten sich nicht. Ermittlungen gegen den Iraker
       wegen des Verdachts der Bedrohung wurden eingestellt, weil es dafür laut
       Staatsanwaltschaft keine Beweise gab.
       
       Der offenbar psychisch kranke Iraker wurde kurz vor dem Prozessbeginn tot
       in einem Wald gefunden. Der Mann war ursprünglich als Zeuge in dem
       Verfahren vorgesehen. Er soll vermutlich bereits im Januar erfroren sein.
       Die Obduktion ergab Unterkühlung als Todesursache, Hinweise auf einen
       gewaltsamen Tod gibt es nicht. Dennoch ermittelt die Dresdner
       Mordkommission in dem Fall.
       
       24 Apr 2017
       
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