# taz.de -- Confed Cup in Russland: Tor! Tor! Der Ball ist im … Videobeweis
       
       > Mit dem Videobeweis will die Fifa den Fußball gerechter machen, getestet
       > wird beim Confed Cup. Klar ist: Die Spiele verändern sich.
       
 (IMG) Bild: Schiri, wir wissen, wo deine Kamera steht
       
       MOSKAU taz | Der Herr hat gesprochen. Denn der Herr hat gesehen, dass es
       gut war. Der erste Spieltag des Confederations Cup war gelaufen und
       Fifa-Präsident Gianni Infantino meldete sich zu Wort. Er hat die „Zukunft
       des modernen Fußballs“ gesehen. Er meine die Videoschiedsrichterei, das
       Video Assistant Refereeing (VAR), das erstmals bei einem großen
       Nationalmannschaftsturnier zum Einsatz kommt. Endlich gebe es ein Mittel,
       das es Schiedsrichtern erlaube, korrekt zu entscheiden. Der Confed Cup habe
       damit einen Meilenstein gesetzt. Und Amen.
       
       Das Statement des Fifa-Chefs hat Wirkung gezeigt. Fernando Santos, der
       portugiesische Europameistertrainer, der noch nach dem Spiel Portugals am
       vergangenen Sonntag äußerst unglücklich über die Unterbrechungen zum Zwecke
       des Videostudiums war und meinte, dass das so nicht funktioniere, gab sich
       am Dienstagabend bei der Pressekonferenz am Tag vor dem Spiel gegen
       Russland handzahm.
       
       Es sei Zeitverschwendung, jetzt darüber zu reden. Beim Confed Cup werde der
       Videoschiedsrichter eingesetzt und fertig. Hinterher würden die Leute, die
       darüber befinden müssen, sicher die richtige Entscheidung treffen. Nach
       dem, was Fifa-Boss Infantino gesagt hat, scheint es so, als könne man schon
       sagen, dass die Entscheidung gefallen ist.
       
       Der Fifa scheint zudem gelungen zu sein, die Fußballfamilie auf eine
       windelweiche Sprachregelung zum Thema Videobeweis einzuschwören. Während
       nach den ersten Entscheidungen beklagt wurde, dass die durch das
       Videostudium entstehenden Pausen die Emotionalität aus dem Spiel genommen
       werde, waren am ersten Ruhetag nur noch positive Stimmen zu vernehmen. „In
       anderen Sportarten gibt es das schon lange, nun kommt es eben zum Fußball“,
       meinte Russlands Trainer Stanislaw Tschertschessow, und auch Russlands
       bester Stürmer Fjodor Smolow sieht im Videoschiedsrichter einen Schritt in
       Richtung Zukunft des Fußballs.
       
       ## Wahrhaftigkeit im Spiel
       
       Das Dilemma, um das es geht, hat Chiles Mittelfeldmotor Arturo Vidal nach
       dem Spiel seiner Mannschaft gegen Kamerun (2:0) ganz gut auf den Punkt
       gebracht. „Selbst wenn die richtige Entscheidung getroffen wird, kann das
       negative Auswirkungen auf die Mannschaft haben“, sagte er und spielte auf
       die Nachspielzeit der ersten Halbzeit an. Da hatte Eduardo Vargas auf
       feinen Pass von Vidal den Ball eingenetzt. Im Stadion jubelten die Fans,
       die chilenische Mannschaft lag sich schon in den Armen, als der
       Schiedsrichter den Videobeweis anforderte.
       
       Mehr als eine Minute dauerte es, bis die Entscheidung gefallen war: kein
       Tor. Gewiss, es war eine richtige Entscheidung, aber es war eben auch eine,
       die, wie Chiles Trainer Juan Antonio Pizzi meinte, Auswirkungen auf das
       Spiel seiner Mannschaft bis weit in die zweite Halbzeit hatte. Dass es eine
       richtige Entscheidung war, wollte er dabei nicht in Zweifel ziehen. Es sei
       aber eine, die das Spiel verändert hat.
       
       Es ist eine Debatte um die Wahrhaftigkeit im Spiel, die da gerade geführt
       wird. Und die Fifa sowie die Regelhüter des Fußballs vom International
       Football Association Board Ifab tun derzeit viel, um dafür zu sorgen, dass
       nicht die glücklichere, fiesere, überhart agierende und am meisten Zeit
       schindende Mannschaft gewinnt, sondern einfach die bessere.
       
       ## Weitere Experimente geplant?
       
       Ein Diskussionspapier aus dem Ifab sieht etwa vor, immer die Uhr
       anzuhalten, wenn das Spiel unterbrochen ist, und die effektive Spielzeit
       auf 60 Minuten zu begrenzen. Kein gesunder Spieler würde sich mehr
       minutenlang mit scheinschmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden wälzen. Auch
       soll bei Freistößen nach Fouls der Ball nicht unbedingt ruhen und die
       Spieler dürfen ihn sich selbst vorlegen. Der elenden Praxis der taktischen
       Fouls im Mittelfeld, die der verteidigenden Mannschaft Zeit verschafft,
       sich in der Abwehr zu ordnen, könnte so Einhalt geboten werden.
       
       Gegen mehr Fairness lässt sich schlecht argumentieren. Dass allerdings
       Eingriffe in die von Fans und Spielern so gern gepflegte Emotionalität den
       Sport arg verändern werden, das muss den Verantwortlichen klar sein.
       Vielleicht wollen die Fans ja diese Art gesäuberten Sports gar nicht und
       würden nie auf die Idee kommen, der Mannschaft brav zu applaudieren, die am
       Ende die bessere war.
       
       Wie meinte Portugals Trainer Santos? Die Verantwortlichen werden schon die
       richtigen Entscheidungen treffen. Und er sagte noch: „Nichts ist perfekt im
       Leben, nur Gott.“ Er wird damit am Ende doch nicht Gianni Infantino gemeint
       haben.
       
       21 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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