# taz.de -- Kolumne Lügenleser: Die Top 10 der G20-Vergleiche
       
       > Freitag morgens in Hamburg. Ich will eigentlich nur Kaffee und Brötchen
       > holen. Dann denke ich: Aha, so sieht also Bürgerkrieg aus.
       
 (IMG) Bild: „No G20“: Unklar ob aus Überzeugung oder der Angst vor zerschlagenen Scheiben
       
       Der Donnerstag vor dem G20-Gipfel. Eine ruhige Seitenstraße in Hamburg,
       unweit der Sternschanze. Auf dem kurzen Weg vom Bahnhof zur Wohnung in
       Altona gibt es nicht ein einziges Schaufenster, welches sich nicht gegen
       das Gipfeltreffen ausspricht. Trump sei Dank.
       
       Ob aus Überzeugung oder der Angst vor zerschlagenen Scheiben bleibt oft
       unklar. Teilweise nehmen die Unmutsäußerungen bizarre Züge an, ein
       Immobilienbüro hat auf den letzten Drücker noch einen „NO G20“-Zettel an
       die Fensterfront geklebt. Das ist ja an sich schon merkwürdig, zusätzlich
       hat sich der Verfasser auch noch entschieden, den Schriftzug in Comic Sans
       zu halten. Gruslig.
       
       Die Stimmung im „Kiez“ ist entspannt bis genervt. Die andauernden
       Polizeikontrollen und die nächtlichen Hubschrauberflüge tragen nicht gerade
       zu einer freundlichen Stimmung gegenüber den aus dem ganzen Land
       zusammengekarrten Beamten bei.
       
       Im Internet ist die Stimmung dagegen schon äußerst angespannt, wie immer
       halt. Der Bürgerkrieg steht kurz bevor. Als die erste große Demonstration
       am Donnerstag dann ziemlich übermotiviert und kalkuliert von der Polizei
       zerschlagen wird, entlädt sich die angestaute Wut auf altbekannte Art und
       Weise.
       
       In der Nacht hat es geknallt 
       
       Freitagmorgen. In der Nacht hat es etwas geknallt. Jetzt, am frühen Morgen,
       kommen die ersten Meldungen über Kleingruppen, die gezielt Autos anzünden
       und Geschäfte entglasen. Über Sinn und Zweck solcher Vorgehensweise lässt
       sich streiten.
       
       Taktisch gesehen ermöglichen die gewalttätigen Aktionen durch das Binden
       von Polizeikräften den bunten Clowns und friedlichen Aktivisten erst das
       Durchfließen der Polizeiketten. Just sayin’.
       
       Aber ab jetzt geht es eh nicht mehr um Sinn oder Verstand, jetzt müssen
       Vergleiche her. War es schon jemals so schlimm? Brauchen wir die Bundeswehr
       im Inneren? Kommt jetzt der Schießbefehl?
       
       Auf N24 geht man gleich in die Vollen und sendet den O-Ton einer
       Anwohnerin, die den Krawall mit dem Holocaust vergleicht. Das macht Sinn.
       Deshalb hier kurz die Top 10 der G20-Vergleiche: Holocaust. Holocaust.
       Verdun. Dresden 45. Fukushima. Holocaust. Schande von Versailles.
       Stalingrad. Holocaust. Gaza.
       
       Brötchen ohne Genozid und Völkermord 
       
       Als ich mittags vor die Tür trete, brennt angeblich schon die halbe Stadt.
       Endlose Kolonnen von Wannen, Blaulicht und Hubschrauber durchkreuzen die
       Hansestadt. In der ruhigen Seitengasse ist davon erst mal nichts zu sehen.
       Ich hole Kaffee und Brötchen, ganz ohne Genozid und Völkermord.
       
       Plötzlich schieben zwei Jugendliche eine Mülltonne auf die Straße. Sie
       werfen sie nicht mal um. Ein Anwohner steht in Unterhose am Fenster und hat
       die Faxen dicke: „So. Mir reicht’s! Ich hol die Bullen.“ Der Jugendliche
       entschuldigt sich und zieht weiter. So sieht also Bürgerkrieg aus.
       
       Als ich wieder zu Hause bin, klappe ich den Laptop auf und lese den
       historischen Tweet, der das Geschehen dieses Wochenendes wohl am besten
       zusammenfasst: „Schwöre dir, du kannst den Deutschen nichts Schlimmeres
       antun als ihre scheiß Karren anzuzünden. Da wird der Alman getriggered.“
       Genug Internet für heute.
       
       10 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Juri Sternburg
       
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