# taz.de -- Generalstreik im Kongo: Krieg um das öffentliche Bild
       
       > Pünktlich zu einem neuen Generalstreikaufruf lässt die Regierung das
       > Internet herunterfahren und in Kinshasa seltsame Milizen gewähren.
       
 (IMG) Bild: 31. Juli, Kinshasa: Oppositionelle Demonstranten werden verhaftet
       
       BERLIN taz | Es ist ein vertrautes Ritual, wenn die Opposition in der
       Demokratischen Republik Kongo zum Generalstreik ruft. Oppositionelle
       verbreiten in sozialen Netzwerken Bilder von menschenleeren Straßen.
       Regierungsanhänger halten dagegen mit Meldungen, die Märkte seien belebt
       und der Nahverkehr in Betrieb, meist ohne Bilder.
       
       So auch jetzt beim jüngsten Versuch der Opposition, durch eine zweitägige
       „Operation Geisterstadt“ (Opération Ville Morte) am 8. und 9. August die
       Unterstützung der 80 Millionen Kongolesen für „gerechte, transparente,
       inklusive glaubwürdige und friedliche Wahlen spätestens am 31. Dezember
       2017“ unter Beweis zu stellen, wie es im Aufruf des Oppositionsbündnisses
       Sammlung (Rassemblement) heißt.
       
       Um die zu erwartende Bilderflut zu verhindern, wies die zuständige
       staatliche Behörde am Vorabend die im Kongo tätigen
       Telekommunikationsgesellschaften an, „präventiv die geeigneten technischen
       Maßnahmen zu treffen, um die Bildübertragungskapazitäten auf das strikte
       Minimum zu begrenzen“. Der Brief wurde natürlich umgehend abfotografiert
       und als Bild auf sozialen Netzwerken verbreitet.
       
       Schon am Sonntag hatte die Opposition Aufrufe zur Teilnahme am Streik per
       SMS kreuz und quer durch den Kongo versandt.
       
       ## Protest wird erstickt
       
       Zunehmend geht es einfach darum, wer im Kongo die Hoheit über das
       öffentliche Bild und die Kommunikationsmittel hat. Auf der Straße sind die
       Machtverhältnisse klar, da jeder größere Protest im Keim erstickt wird. Bei
       den letzten Protesten am 31. Juli wurden nach Angaben der lokalen
       Journalistenorganisation JED (Journalistes En Danger) mindestens 15
       kongolesische Journalisten festgenommen. Insgesamt gab es rund 120
       Festnahmen.
       
       Am Streiktag 8. August kam es lokalen Berichten zufolge zu vereinzelten
       Unruhen in den Provinzhauptstädten Lubumbashi und Goma. In der Hauptstadt
       Kinshasa blieb es ruhig. Den Berichten zufolge wurde der Streikaufruf zu
       etwa zwei Dritteln befolgt.
       
       Die Lage in Kinshasa war besonders angespannt, nachdem es dort am Montag
       unerwarteterweise nach Angaben der Polizei 12 Tote durch „verirrte Kugeln“
       gegeben hatte. Schon am Vormittag hatten Bewohner Kinshasas von schwerem
       Artilleriefeuer berichtet. Unabhängige Quellen sprachen von bis zu 15
       Toten.
       
       Angehörige der westkongolesischen Miliz Bundu dia Mayala (BDM), die schon
       im Mai mit einem massiven Angriff auf das Zentralgefängnis Makala ihren
       inhaftierten Anführer Ne Muanda Nsemi befreit und verheerende Schäden
       angerichtet hatten, griffen nach Polizeiangaben erneut in mehreren
       Stadtvierteln an.
       
       Oppositionelle sprechen von einer Inszenierung durch die Staatsmacht.
       Wieder dienen Bilder als Beweis: Auf Videos ist zu sehen, wie sich
       BDM-Aktivisten unter Polizeischutz zum Marsch in Kinshasa sammeln, hinter
       Transparenten mit Aufschriften wie „Kongo den Kongolesen, Ruanda den
       Ruandern, Kabila und seine Brüder raus“.
       
       Ist das eine neue Taktik der erst vor Kurzem neu ernannten Polizeispitze?
       Oder, wie manche mutmaßen, ein Beweis dafür, dass Kongos Staatsmacht nun
       auch in Kinshasa gewaltbereite Milizen fördert, um Chaos zu stiften und
       Repression zu rechtfertigen? Aus Kriegsregionen wie Kasai und Kivu ist das
       hinreichend bekannt.
       
       9 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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