# taz.de -- Omega-3 gegen Artensterben: Bienen bekommen ihr Fett weg
       
       > Israelische Forscher sagen, Omega-3-Fettsäuren lassen die Insekten besser
       > lernen und erhöhen die Abwehrkräfte. Ein Mittel gegen das Bienensterben?
       
 (IMG) Bild: Sollte besser auf sich achten, die Biene
       
       RECHOVOT taz | Vis-à-vis vom renommierten Weizmann-Institut in der
       israelischen Stadt Rechovot summt und brummt es aus Kisten und Käfigen. Sie
       stehen rings um eine kleine Forschungsanlage, die schon von Weitem
       erkennbar ist, weil sie die Form einer Bienenwabe hat. Hier untersuchen der
       auf Insekten spezialisierte Verhaltensforscher Sharoni Shafir und seine
       wissenschaftliche Assistentin Yael Arien die Lernfähigkeit von ausgewogen
       ernährten Bienen im Vergleich zu solchen, die über mehrere Wochen ohne
       Omega-3-Fettsäuren auskommen mussten.
       
       Die kleinen Prüflinge sind in der Testreihe aufgefordert, eine Verbindung
       zwischen einem Duft und der Belohnung mit Zuckerwasser herzustellen.
       „Sobald die Biene die Lektion beherrscht „und weiß, nach dem Duft kommt
       Essbares, streckt sie die Zunge heraus“, erklärt Yael Arien. Die Ergebnisse
       sind eindeutig. Die Lernfähigkeit von Bienen, die mit Omega-3-reicher
       Nahrung gefüttert wurden, ist vier- bis fünfmal höher als die der Bienen,
       die die wichtige Fettsäure nicht bekommen haben.
       
       Dass auch Bienen auf die überwiegend aus Algen und Salzwasserfischen
       gewonnene Fettsäure angewiesen sein würden, kam für die Forscher
       überraschend. Arien schließt Zweifel aus. „Unsere Ergebnisse zeigen
       deutlich, dass Omega-3 auf die Gehirne wirkt“, sagt die junge
       Wissenschafterin. Sie erweiterte die Tests auf unterschiedliche
       Altersgruppen und auf die Stimulierung der Tiere durch Berührung ihrer
       Fühler, um sicherzustellen, dass der Mangel an Omega-3 nicht nur den
       Geruchs- oder Geschmackssinn der Tiere beeinträchtigt. „Es sind immer
       dieselben Ergebnisse.“
       
       Könnte allein das Zufüttern von Omega 3 dem mysteriösen Phänomen Colony
       Collapse Disorder (CCD), dem Fernbleiben von Arbeitsbienen und in
       Konsequenz dem Zusammenbruch ganzer Bienenstöcke, ein Ende bereiten? Die
       Pollen von Zwiebeln und Radieschen sind besonders reich an den wertvollen
       Fettsäuren, und auch Lupinen, Tomaten und Passionsfrüchte könnten die Diät
       der Bienen dort erheblich bereichern, wo Monokulturen die Bienen bedrohen –
       in Südkalifornien zum Beispiel, wo praktisch nur noch Mandeln angebaut
       werden, die arm an Omega-3 sind.
       
       ## Oder sind's doch die Pestizide?
       
       Unter Israels Imkern hält sich die Euphorie über die Forschungsergebnisse
       vorläufig noch in Grenzen. Amnon Ben Jakow aus dem Dorf Netaim, südlich von
       Tel Aviv, der seine Bienen bevorzugt auf Bio-Obst- und Gemüseplantagen
       schickt, hat eine eigene Theorie. „Mein Gefühl ist, dass die Antennen der
       Mobilfunkfirmen die Kommunikation für die Bienen so sehr erschweren, dass
       sie den Weg nach Hause nicht finden“, sagt der Imker. Jedes Jahr würden die
       Schäden an den Bienen schlimmer, schimpft der Mittsechziger, was „sicher
       auch an den Pestiziden liegt“.
       
       Das israelische Landwirtschaftsministerium baut vorläufig auf Absprachen
       mit den Bauern. Um die Bienen zu schonen, sollten die Pflanzen nicht zur
       Blütezeit mit den chemischen Giftstoffen eingesprüht werden und eher nachts
       als am Morgen.
       
       In Israel gibt es heute nur noch Zuchtbienen. Sobald die Imker wissen, wo
       gesprüht wird, können sie ihre Kisten umsetzen, was dann zusätzlich den
       Effekt von mehr Ausgewogenheit der Nahrung hat. Professor Shafir will gar
       nicht bestreiten, dass auch die Pestizide Grund für das Bienensterben sind.
       „Aber eine gut ernährte, gesunde Biene verfügt über starke Abwehrkräfte und
       kann auch mit den Giftstoffen besser umgehen.“
       
       3 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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