# taz.de -- Zehn Jahre Hashtag: #YouHadOneJob
       
       > Häufig gehört und selten verstanden: das Hashtag. Zum Geburtstag des
       > Rautezeichens eine Anleitung, wie das mit den Schlagworten funktioniert.
       
 (IMG) Bild: Das Rautezeichen oder Doppelkreuz sorgt seit zehn Jahren als Hashtag für (Un-)Ordnung im Internet
       
       Wie unorganisiert wären wir im digitalen Zeitalter, gäbe es nicht das
       Hashtag? Der häufig gehörte und selten verstandene Begriff umfasst das
       Rautezeichen und das nachgestellte Schlagwort, zum Beispiel
       #Bundestagswahl2017. Einträge auf Twitter, Facebook, Instagram, oder auch
       Bloggingplattformen wie Wordpress und Tumblr können so einem bestimmten
       Thema zugeordnet werden – egal, ob sie die betreffenden Wörter (in diesem
       Fall etwa Wählen, Bundestag, Regierungswechsel und so weiter) im Eintrag
       nennen oder nicht.
       
       Ein Hashtag ist dann in der Regel wie eine Verlinkung bunt hinterlegt und
       kann angeklickt werden. Wenn ich auf Twitter einen Eintrag von politischen
       Parteien mit dem Hashtag #Bundestagswahl2017 lese, kann ich auf den Hashtag
       gehen und nachschauen, wer und was dazu noch im Internet herumschwirrt:
       vielleicht Parteiwerbung, Informationen zum Wahlverfahren, Meinungsstücke,
       Witze oder ein paar Memes. Ein Hashtag kann einem Thema, einem Geschehen
       oder einer Veranstaltung übergeordnet werden. Er kann aber auch für
       politische Kampagnen genutzt werden, wie bei #aufschrei, #schauhin oder
       #transisbeautiful.
       
       Diesen Hashtags ist gemeinsam, dass sie die Erfahrungen von Individuen zu
       etwas Kollektivem oder Strukturellem abstrahieren. Die Verschlagwortung
       verleiht diesen Einträgen nicht nur mehr Sichtbarkeit, sondern – je nach
       Resonanz – auch mediale Aufmerksamkeit. Viele Online-Aktivist_innen nutzen
       sie deshalb, um auf ihr Anliegen hinzuweisen. Werden bestimmte Erfahrungen
       unter dem Hashtag geteilt, dient er auch der Vernetzung und Ermächtigung
       von Betroffenen.
       
       Hashtags können aber auch zu Memes werden, wenn eine Person des
       öffentlichen Lebens etwas Fragwürdiges sagt und dafür auf die Schippe
       genommen wird. Als zum Beispiel der CDU-Generalsekretär auf Twitter
       schrieb, dass man keine drei Minijobs brauche, wenn man „etwas Ordentliches
       gelernt“ hätte, machte sich die deutschsprachige Twitteria über seine kaum
       übertreffbare Ignoranz lustig. Kultige Filmtitel wurden auf seine Aussage
       hin modizifiert und unter #Tauberfilme getwittert.
       
       Etwa: „Drei Minijobs für Charlie Tauber“ oder „Schneewittchen und die
       sieben Minijobs“. Dass dieses Sammelsurium an pointierter Satire schnell
       auffindbar ist, verdanken wir dem Hashtag. Ein paar wenige Personen fangen
       damit an und im besten Fall wird der Trend irgendwann viral. Je mehr
       Reichweite die Initiator_innen haben, desto höher ist die
       Wahrscheinlichkeit.
       
       ## #boy, #girl, #food
       
       Auf Instagram sehr beliebt ist es außerdem, sehr allgemeine Begriffe wie
       #boy, #girl, #food oder #LikesForLikes als Hashtags zu nutzen, um mehr
       Likes und Kommentare zu kassieren. Internetaffine Menschen finden das
       Nutzen von zu vielen unspezifischen Hashtags allerdings eher belustigend
       bis peinlich. Cool kommen dagegen ironische Hashtags wie
       #DankeCriticalWhiteness. Warum? Weil Leute sich on- und offline nicht zu
       ernst nehmen sollten.
       
       Das zeigt: Nicht alle Hashtags sind gleichermaßen sinnvoll. Die goldene
       Regel jedoch ist, dass ein Hashtag funktionieren sollte. Ein häufiger
       Fehler ist es nämlich, anstatt #IchHabeEinenTraum jedes einzelne Wort mit
       dem Doppelkreuz zu versehen, sodass Unfälle wie #Ich #Habe #Einen #Traum
       entstehen. Anstatt eines Hashtags haben wir hier vier. Und während #Traum
       ein von manchen Menschen aufgesuchtes Schlagwort sein könnte, ist die
       Chance gering, dass Leute gezielt nach Inhalten zum Hashtag #Habe oder
       #Einen suchen.
       
       Was soll darunter auch erscheinen außer die Beiträge von Menschen, die
       nicht in der Lage sind, Schlagwörter korrekt zu setzen? In diesem Sinne:
       #HappyBirthday.
       
       23 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hengameh Yaghoobifarah
       
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