# taz.de -- IOC zu Nordkoreas Raketentests: Olympische Wurschtigkeit
       
       > Das IOC bleibt sich auch im Nordkorea-Konflikt treu – es duckt sich weg.
       > Einen Plan B gibt es nicht. Pyeongchang sei der sicherste Ort, so eine
       > Sprecherin.
       
 (IMG) Bild: Hier sollen bald die Spiele stattfinden. Die Nähe zu Nordkorea scheint das IOC nicht zu beunruhigen
       
       Es überrascht dann schon, mit welcher Routine das Internationale Olympische
       Komitee auf die Provokationen von Bumm-Bumm-Kim reagiert. Nachdem jetzt mal
       wieder eine nordkoreanische Rakete Japan überflog und anschließend in den
       Pazifik stürzte, fallen die Statements des IOC so entspannt aus, als habe
       das Dickerchen aus Pjöngjang nur einen etwas größeren Silvesterböller
       gezündet.
       
       „Es gibt keinen Plan B. Die Spiele sind voll im Plan“, spult IOC-Sprecher
       Mark Adams die Position des IOC ab und sieht die Ausrichtung der
       Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang im Februar des kommenden Jahres
       nicht in Gefahr. „Wir sind keine Politiker“, findet das Exekutivmitglied
       Juan Antonio Samaranch jr. Und Athletensprecherin Angela Ruggiero will
       nicht von einer neuen Bedrohung sprechen: „Pyeongchang wird der sicherste
       Platz sein“, prognostiziert die US-Amerikanerin. Wirklich?
       
       Vielleicht ist es ja ganz gut, wenn man nicht bei allem, was Kim macht,
       gleich zum Atomköfferchen greift oder wie US-Präsident Donald Trump
       rhetorisch eskaliert („Wir werden mit Feuer und Zorn antworten“), aber die
       olympische Gesellschaft sollte doch zumindest einräumen, dass die
       Winterspiele auf einem Terrain mit hoher geopolitischer Volt-Zahl
       stattfinden. Was bis zu den Winterspielen passiert, mag niemand
       vorhersehen. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Großevent, das
       nur 80 Kilometer von der Grenze zu Nordkorea entfernt steigt, keine
       beruhigende Wirkung auf Kim haben wird. Im Gegenteil: Es dürfte Kims
       Ambitionen befeuern, denn ihm geht es offensichtlich um maximale
       Aufmerksamkeit.
       
       Wenn man bedenkt, dass wir es mit einem geopolitischen Hotspot zu tun
       haben, dann ist die Reaktion des IOC an Wurschtigkeit kaum zu überbieten.
       Das Komitee tut so, als hätte es mit alldem nichts zu tun und eine
       unsichtbare Hand werde schon alles auf wundersame Weise zum Guten wenden.
       Wenn das olympische Raumschiff im Februar landet, dann werde die
       Strahlkraft der olympischen Idee die Hitzköpfe schon irgendwie befrieden,
       hofft man wohl. Und richtig: Das IOC ist in seiner kulturellen Propaganda
       ein Promotor des Friedens. Schon Pierre de Coubertin wollte die Welt etwas
       besser machen, aber er war damals so zerrissen zwischen Pazifismus und
       Soldatentum, zwischen Nationalismus und Internationalismus wie das IOC
       heute zwischen Idealismus und Kommerz.
       
       Das IOC verordnet, seit 1992 unterstützt von den Vereinten Nationen, den
       Teilnehmerländern eine Waffenruhe während der Spiele. Die Einhaltung der
       UN-Resolution wird jedoch weder überwacht noch sanktioniert. Die Idee der
       Waffenruhe geht zurück auf eine Gepflogenheit während der antiken Spiele.
       Damals wurde das Ekecheiria genannt, wörtlich ein Zustand, in dem die Hände
       zurückgehalten werden.
       
       Schon damals ging es also nicht um einen Stopp von kriegerischen
       Handlungen, sondern um die Unantastbarkeit durchreisender Athleten. Der
       Philosoph Hans Lenk will in den Spielen der Neuzeit deswegen kein
       universales Friedensfest sehen: „Wer streng die Waffenruhe fordert, baut
       olympische Luftschlösser.“ Wladimir Putin wird ihm beipflichten. Während
       der Sotschi-Spiele plante er die Annexion der Krim.
       
       16 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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