# taz.de -- Kommentar Erdoğans Wahl-Einfluss: Zwischen Freund und Feind
       
       > In Nordrhein Westfalen kann man für eine Erdoğan-nahe Partei stimmen. Es
       > ist eine Anlaufstelle für jene, die unzufrieden mit der deutschen Politik
       > sind.
       
 (IMG) Bild: Mitte August forderte Erdoğan: Deutschtürken sollen SPD, CDU und Grüne boykottieren
       
       Wenn Deutschland am Sonntag wählt, haben die Nordrhein-Westfalen die
       Möglichkeit, sich mit ihrer Stimme für den Staatspräsidenten eines weiteren
       Staats zu positionieren. [1][Die „Allianz Deutscher Demokraten“], 2016
       gegründet und nur in NRW zur Wahl zugelassen, nutzt das Konterfei von Recep
       Tayyip Erdoğan. Auf Wahlplakaten wirbt sie mit dem Spruch „Wählt die
       Freunde der Türkei“ des türkischen Staatspräsidenten, den er im August in
       Istanbul von sich gab. Und weiter: Angestammte Parteien wie CDU, SPD und
       die Grünen sollten sie doch bitte schön links liegen lassen: „Sie sind alle
       Feinde der Türkei.“
       
       Der Gründer der Allianz Deutscher Demokraten, Remzi Aru – gern gesehener
       Erdoğan-Befürworter in deutschen Talkrunden von Phönix bis Russia Today –,
       jubelte bereits kurz darauf auf seiner Facebook-Seite über den
       [2][Boykottaufruf] und versprach sich dadurch mehr Publicity. Viele
       türkischstämmige Deutsche fragten sich weiterhin verwundert, was das denn
       nun solle. Die AD-Demokraten veröffentlichten dann auf ihrer Facebook-Seite
       die Wahlplakate mit Erdoğan.
       
       „Habt ihr denn die Zustimmung von unserem Staatspräsidenten?“, wurden sie
       von wütenden Deutschtürken auf Facebook gefragt. Klar, hieß es von Aru und
       Co. Die öffentliche Parteinahme folgte am 8. September auf einer
       Pressekonferenz. Wenn es der ADD diene, so Erdoğan, „sollen sie das doch
       mit Gottes Hilfe tun“.
       
       Dazu muss man wissen: Bei den letzten Landtagswahlen in NRW im Mai 2017 kam
       die ADD nicht über die Fünfprozenthürde. 0,15 Prozent erhielten sie, um
       genau zu sein. Und sie streiten sich heftig mit einer anderen
       „Migrantenpartei“, der konservativen BIG-Partei. Auch sie kommt kaum in
       ihren Wahlkreisen über die Wahlhürde. Solange sich also Kleinstparteien im
       Klein-Klein verlieren, wird an der Wahlurne letztendlich wieder für
       angestammte Parteien und erfahrene Politiker*innen, mit und ohne
       Migrationsgeschichte, gestimmt. Wetten? Aber reicht das, um sich
       zurückzulehnen und abzuwarten? Nein.
       
       Was die Krakeeler der ADD machen, ist, Protestwähler*innen eine Stimme zu
       geben. Unzufriedene, Unentschlossene, nicht ganz Erdoğan Zugeneigte, aber
       von der deutschen Politik (zu Recht!) Enttäuschte tun hier ihren Unmut
       kund. Dieser wird auch noch durch eine unüberlegte Diasporapolitik der
       türkischen Regierung befeuert. Wähler*innen bleibt nur, sich nicht davon
       einlullen zu lassen, denn: Wir sind deutsche Wähler*innen. So sollte das
       die Politik hüben und drüben auch endlich auffassen.
       
       21 Sep 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://gazete.taz.de/article/?article=!5443813
 (DIR) [2] /Wahlverhalten-der-Deutschtuerken/!5449200
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ebru Tasdemir
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
 (DIR) Recep Tayyip Erdoğan
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
 (DIR) taz.gazete
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Debatte ErstwählerInnen: Zukunft ist immer ein Kompromiss
       
       Was für ein Deutschland wünschen wir 18-Jährigen uns? Bisschen links,
       bisschen grün, bisschen konservativ, definitiv merkelig – und mit Freibier.
       
 (DIR) Türken für die AfD: Rassistisch, aber keine Türkei-Feinde
       
       Ein türkischer Journalist rät Deutschtürken, am Sonntag die AfD zu wählen.
       Unseren Gastautor regt das auf.
       
 (DIR) taz.wahl17 Video: Istanbul: „Ach, Ihr in Deutschland…“
       
       Die Journalistin Banu Güven spricht über inhaftierte Kollegen in der Türkei
       und die Instrumentalisierung deutscher Politik in ihrem Land. 4:09 min
       
 (DIR) Wahlverhalten der Deutschtürken: Geschichte einer Enttäuschung
       
       Traditionell wählen türkischstämmige Deutsche die SPD. Jetzt ruft Erdoğan
       zum Boykott auf. Und die CDU gewinnt die Sympathie der Migranten.
       
 (DIR) TV-Duell zur Bundestagswahl 2017: Merkel routiniert, Schulz angespannt
       
       Merkel entdeckt das Dankeschön, Schulz trifft nicht und manche Frage wirkt
       wie von der AfD aufgeschrieben. Das TV-Duell im Überblick.
       
 (DIR) Erdoğan ruft zum Wahlboykott: „Mehr als überzogen“
       
       Der türkische Staatspräsident hat CDU, SPD und Grüne als „Feinde der
       Türkei“ bezeichnet, die man nicht wählen dürfe. Vertreter*innen der
       Parteien sind empört.