# taz.de -- Diskussion über Grüne und Jamaika: „Man muss ergebnisoffen rangehen“
       
       > Der frühere Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland (Grüne) befürwortet
       > Sondierungsgespräche seiner Partei über ein Jamaika-Bündnis.
       
 (IMG) Bild: Der Grüne Wolfgang Wieland (M.) und der frühere Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD, l.)
       
       taz: Herr Wieland, alte Grüne wie Jürgen Trittin, Claudia Roth und Winfried
       Kretschmann sind in das Jamaika-Sondierungsteam berufen worden. Hat Sie
       Frau Göring-Eckardt auch angerufen? 
       
       Wolfgang Wieland: Nein, ich habe mich ja auch aus der ersten Reihe der
       Politik verabschiedet. Die Entwicklungen verfolge ich aber weiterhin genau.
       
       Was sagt Ihnen Ihr Bauchgefühl angesichts des Wahlergebnisses? 
       
       Alle, die sich über langweilige Debatten im Bundestag beschweren, werden
       sich noch wundern.
       
       Politik wird wieder spannend? 
       
       Durchaus. Die Karten werden neu gemischt. Aber das ist zugleich ein
       tektonisches Beben. Der Einzug der AfD in den Bundestag ist eine böse
       Nachricht.
       
       Kann eine Jamaika-Koalition funktionieren? 
       
       Die offenbar ernst gemeinte Weigerung der SPD, mit der Union zu koalieren,
       zwingt uns, in Sondierungen und gegebenenfalls auch Koalitionsverhandlungen
       einzutreten. Es wird sehr schwer werden, aber man muss da ergebnisoffen
       rangehen.
       
       Was ist für die Grünen unverhandelbar? 
       
       Seehofer hat gesagt, wir müssen die rechte Flanke schließen. Damit ist
       gemeint, nach rechts zu rücken und die AfD-Positionen selbst zu besetzen.
       Dass das für uns nicht infrage kommt, ist ja wohl klar.
       
       Wo ist die Grenze? 
       
       Eine humane Flüchtlingspolitik und ein Einwanderungsgesetz sind für die
       Grünen nicht verhandelbar.
       
       Seehofer wird mit der Obergrenze kommen. 
       
       Das Gute ist, dass die Union erst mal Koalitionsverhandlungen mit sich
       selber führt. In der Vergangenheit waren sich CDU und CSU ja oft nicht
       einig. Frau Merkel muss das mit Herrn Seehofer erst mal klar ziehen. Wenn
       die Bedingung ein Rechtsruck ist, war’s das für die Grünen.
       
       Springt die SPD dann doch wieder als Koalitionspartner ein – oder gibt es
       Neuwahlen? 
       
       Neuwahlen wären ganz schlecht. Das würde der AfD aktuell noch einen Schub
       geben.
       
       Kommen wir zu Berlin, wo die SPD mit 17,9 Prozent ein historisches Tief
       erreicht hat. Was ist der Grund? 
       
       Das schlechte Bundesergebnis hat sich auch auf Berlin ausgewirkt. Und dann
       macht man die Berliner SPD für den größten Passiv-Flughafen der Welt, den
       BER, verantwortlich. Das ist ja alles in der Ära Wowereit und Müller
       passiert. Das haben die Menschen nicht vergessen.
       
       Das trägt man der SPD immer noch nach? 
       
       Der BER ist ja weiterhin ein ständiges Ärgernis, das Millionen kostet. Die
       Air-Berlin-Krise liegt auch an diesem nicht fertig werdenden Flughafen.
       Weitere Verbindungen von Berlin wurden deshalb gekappt. Aber ich warne
       davor, das überzuinterpretieren. Das war eine Bundestagswahl und keine
       Abstimmung über die Landespolitik. Auch der Ausgang des Volksbegehrens ist
       für den rot-rot-grünen Senat keine Katastrophe. Das Ergebnis für die
       Tegel-Befürworter war ja relativ knapp.
       
       Ihre grüne Parteifreundin Canan Bayram hat es knapp geschafft, in
       Friedrichshain-Kreuzberg das Direktmandat zu holen. Bei den Zweitstimmen
       haben die Linken den Grünen den Wahlkreis abgenommen. Wie interpretieren
       Sie das? 
       
       Dass wir in diesem Ost-West- Wahlkreis in Konkurrenz zur Linkspartei
       liegen, ist nicht verwunderlich. Das muss nicht für immer sein. Immerhin
       hat es Canan Bayram ja geschafft. Angesichts der großen Schuhe, die
       Christian Ströbele zurückgelassen hat, war das nicht selbstverständlich.
       
       Bayram hat bereits erklärt, einer Jamaika-Regierung die Stimme zu
       verweigern. 
       
       Das geht gar nicht. Man kann nicht – bevor überhaupt sondiert worden ist –
       sagen, das Ergebnis gefällt mir nicht. Da wird sie zurückrudern müssen.
       
       Sie soll gleich beim ersten Mal umfallen? 
       
       Im ganzen Wahlkampf haben wir Grüne nie Gespräche über eine Koalition
       ausgeschlossen, außer mit der AfD, versteht sich. Das gilt auch für Canan
       Bayram. Oder, um Wolfgang Bosbach, den langjährigen CDU-Innenpolitiker, zu
       zitieren: Von Anfang an zu starten wie ein Pferd, das quer im Stall steht,
       ist keine gute Position.
       
       26 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Plutonia Plarre
       
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