# taz.de -- Energiepolitik in Berlin: Wenn Kohle mehr Kohle kostet
       
       > Eine anstehende Verschärfung der Schadstoff-Grenzwerte für Kraftwerke
       > könnte Berlins Steinkohle-Ära bald beenden.
       
 (IMG) Bild: Das Kohlekraftwerk Rummelsburg
       
       Der Winter steht vor der Tür. Jahrzehntelang war das in Berlin ein Garant
       für toxische Luft – abertausende Kohleöfen verräucherten die Stadt. Das ist
       Geschichte, genau wie die Verstromung von Braunkohle, seit im Mai das
       Kraftwerk Klingenberg den Betrieb einstellte. Trotzdem wird immer noch
       (Stein-)Kohle in rauen Mengen an der Spree verbrannt: in den
       Heizkraftwerken Reuter, Reuter West und Moabit sowie im Fernheizwerk
       Neukölln.
       
       Nach der Novelle des Berliner Energiewende-Gesetzes, die das
       Abgeordnetenhaus heute beschließt, geht Berlins Steinkohle-Ära spätestens
       2030 zu Ende. Bislang befürchteten UmweltaktivistInnen, das könne ein
       leerer Wunsch bleiben – denn nicht das Land betreibt die Kraftwerke,
       sondern der Energiekonzern Vattenfall, dem man den Ausstieg nicht einfach
       vorschreiben kann.
       
       ## Ausstieg beschleunigt
       
       Nun könnte es aber doch schneller gehen mit dem Abschied vom schwarzen
       Stoff: Diese Hoffnung haben die Grünen-Abgeordneten Stefan Taschner und
       Georg Kössler. Sie gründet sich auf die Antwort des Senats auf eine
       Anfrage, die der taz vorliegt. Daraus geht hervor, dass die Kohlekraftwerke
       schon in wenigen Jahren nicht mehr den Grenzwerten für Schadstoffe genügen
       könnten. Lösen ließe sich das durch eine teure Nachrüstung mit Filtern –
       oder den vorzeitigen Umstieg auf alternative Energieträger.
       
       Wie viel Feinstaub, Schwefel- und Stickstoffoxide in den Abgasen von
       Kraftwerken enthalten sein dürfen, regelt die 13.
       Bundesimmissionschutzverordnung (BImSchV). Die muss bis Mitte 2018 an die
       teils strengeren Anforderungen eines Beschlusses der EU-Kommission vom 31.
       Juli angepasst werden. Erfüllt werden müssen diese Anforderungen spätestens
       2021. Allerdings legt der EU-Beschluss keine exakten Grenzwerte fest, er
       definiert nur Grenzwerte-Bandbreiten. Wie streng die Mitgliedstaaten diese
       auslegen, ist ihre Sache.
       
       ## Emissionswerte nicht eingehalten
       
       „Die Mindest-Emissionsgrenzwerte innerhalb der Bandbreiten werden zurzeit
       von keinem Berliner Kohlekraftwerk eingehalten“, schreibt der Senat.
       „Sollten bei Umsetzung in deutsches Recht diese Mindestwerte der
       angegebenen Bandbreiten verbindlich werden, hätte dies enorme
       Auswirkungen.“ Dann müssten neue Rauchgasreinigungsanlagen her – oder
       Anlagen ganz oder teilweise stillgelegt werden.
       
       All das natürlich nur, wenn der Bundestag sich bei der Neufassung der
       BimSchV tatsächlich an den unteren Grenzwerten orientiert. Das hängt von
       den anstehenden Koalitionsverhandlungen und der Kräfteverteilung in der
       künftigen Bundesregierung ab.
       
       „Wir hoffen, dass das eine neue Dynamik in die Debatte bringt“, so Stefan
       Taschner zur taz. „Zu befürchten ist nur, dass Vattenfall die Hintertür
       einer Ausnahmegenehmigung nehmen will.“ Wenn der Konzern den Kohleausstieg
       bis 2030 verspreche, könnte das dazu führen, dass er von der kostspieligen
       Nachrüstung befreit werde.
       
       19 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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