# taz.de -- AktivistInnen ziehen Bilanz: Schneller raus aus der Kohle
       
       > Klima-AktivistInnen kritisieren den Senat: Der müsse sich viel mehr ins
       > Zeug legen – gerade bei der gemeinsamen Landesplanung mit Brandenburg.
       
 (IMG) Bild: Ihnen geht es mit dem Kohleausstieg nicht schnell genug: Klima-SchützerInnen, hier bei der Besetzung de Tagebaus Welzow-Süd im Jahr 2016
       
       Nach einem Jahr Rot-Rot-Grün haben das Bündnis Kohleausstieg Berlin und der
       Berliner Energietisch eine Bilanz der Klima- und Energiepolitik der
       Koalition gezogen – und die fällt mager aus. Die AktivistInnen sehen auf
       den politischen Baustellen in diesem Bereich nicht nur jede Menge
       Handlungsbedarf, es wird ihrer Ansicht nach auch viel zu gemächlich
       gearbeitet.
       
       An erster Stelle nennt „Kohleausstieg“-Sprecher Oliver Powalla die
       gemeinsame Landesplanung von Berlin und Brandenburg. Während der fossile
       Energieträger Kohle in Berlin mit dem Energiewendegesetz nun ein
       Verfallsdatum (2030) erhalten hat, wird in Brandenburg fleißig weiter
       gebuddelt und verbrannt. Die Pläne, den Tagebau Welzow Süd zu erweitern,
       bleiben aktuell.
       
       Dabei lässt der Koalitionsvertrag von R2G keine Zweifel: „Im Rahmen der
       gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg wendet sich die Koalition
       gegen den Aufschluss und die Erweiterung von Braunkohletagebauen.“ Im
       Landesentwicklungsplan (LEP) der beiden Länder steht aber weiterhin, die
       „umwelt- und sozialverträgliche“ Braunkohlegewinnung und -verstromung solle
       „langfristig gesichert werden“.
       
       Am 6. November treffen sich der Senat und das Potsdamer Kabinett zur
       Landesplanungskonferenz, dabei wird es vor allem um den Flughafen Tegel
       gehen. „Kohleausstieg Berlin“ fordert aber Regierungschef Michael Müller
       und KollegInnen auf, in Sachen Braunkohle aktiv zu werden – auch wegen der
       wachsenden Belastung der Spree und somit des Berliner Trinkwassers, so
       Powalla: „Aus den alten Tagebauen rollt eine Sulfatwelle nach Berlin, und
       die Verschmutzung durch Eisenocker wird zurzeit nur durch die Talsperre
       Spremberg aufgehalten.“
       
       Völlig unklar, so das Bündnis, sei die Rolle des Tagebaubetreibers, der
       Vattenfall-Nachfolgerin LEAG, die zwei tschechischen Investoren gehört. Die
       für die Beseitigung von Folgeschäden zurückgestellte Summe von 1,7
       Milliarden Euro drohe im Geflecht des Konzerns zu verschwinden. Hier müsse
       der Senat darauf drängen, dass dieses Geld etwa von einem staatlich
       kontrollierten Fonds verwaltet und die LEAG nach dem Verursacherprinzip zur
       Verantwortung gezogen werde.
       
       ## 20.000 Unterschriften für eine saubere Spree
       
       Eine entsprechende Petition unter dem Motto „Rettet unser Wasser“ hat
       bereits 20.000 UnterstützerInnen. Sie soll zur Landesplanungskonferenz
       überreicht werden.
       
       Weitere Kritikpunkte der KlimaaktivistInnen: Das Jahr 2030 als Zeithorizont
       für Berlins Abschied von der Kohle erscheint ihnen zu lasch, sie wollen,
       dass schon 2025 Schluss damit ist. Und die Rolle des landeseigenen
       Stadtwerks ist ihnen immer noch zu mickrig. Dabei könnte es nach Ansicht
       des Berliner Energietischs nicht nur eine ökologische, sondern auch eine
       soziale Vorreiterrolle einnehmen – als Anbieter, der auf Stromsperren
       verzichtet und für KundInnen in Geldsorgen einen Härtefallfonds einrichtet.
       
       Koalitionspolitiker reagieren gegenüber der taz mit Verständnis auf die
       Kritik. „Bei ‚2030‘ schrei ich auch nicht gleich Hurra“, sagt der
       Grünen-Abgeordnete Stefan Taschner, selbst bis 2016 Klima-Aktivist. Auch er
       kann sich einen Kohleausstieg bis 2025 vorstellen und hofft, dass die vom
       Senat angekündigte Machbarkeitsstudie bald beauftragt wird. In die
       gemeinsame Landesplanung könne „man schon etwas schärfer reingehen als
       bisher, und ich hoffe, wir machen das auch“. Michael Efler von der Linken
       erinnert daran, dass auch das Abgeordnetenhaus den Senat noch einmal
       aufgefordert hat, sich gegen die Erschließung neuer Tagebaue einzusetzen.
       „Darum erwarten wir jetzt ein kraftvolles Engagement.“
       
       24 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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