# taz.de -- Aktivistin über US-Journalismus: „Die Medien wehren sich“
       
       > Amy Goodman von „Democracy Now“ spricht über Donald Trumps Angriffe auf
       > die Pressefreiheit. Er belebt mit ihnen soziale Bewegungen, sagt sie.
       
 (IMG) Bild: Amy Goodman bei den Protesten gegen die Dakota Access Pipeline im Oktober 2016
       
       taz: Frau Goodman, seit einem Jahr greift Präsident Donald Trump immer
       wieder die Medien an. Doch denen scheint es so gut zu gehen wie lange
       nicht. Zeitungen wie die New York Times verzeichnen steigende Abozahlen.
       Investoren interessieren sich für die großen Titel. Profitieren die Medien
       am Ende von Trump? 
       
       Amy Goodman:Indem Donald Trump die Medien bedroht, indem er sie „Feinde des
       amerikanischen Volkes“ nennt, aktiviert er gewisse Grundüberzeugungen bei
       den Menschen. Die Menschen aus allen politischen Lagern glauben an die
       Meinungsfreiheit, an die Pressefreiheit. Sie verstehen, dass Donald Trump
       die Medien nur deshalb kritisiert, weil sie ihn kritisieren. Das ärgert die
       Leute.
       
       „Democracy Now“ gibt es seit 20 Jahren, seit Jahren sprechen wir über die
       Bedeutung unabhängiger Medien. Jetzt klingen plötzlich auch alle anderen
       wie wir. Ich glaube, das liegt daran, dass Trump sie persönlich angreift.
       Weil er Namen nennt, weil er dazu aufruft, sich JournalistInnen zu
       „schnappen“. Manche Reporterinnen und Reporter nehmen inzwischen Bodyguards
       mit zu politischen Veranstaltungen, das ist beunruhigend. Aber ich bin
       überzeugt: Den meisten Menschen ist klar, dass das nicht in Ordnung ist.
       Sie denken wieder darüber nach, was die Grundlagen einer Demokratie sind.
       
       Gilt das nicht bloß für die eine Hälfte des Landes, die eher liberale?
       Kommt es nicht vielmehr zu einer Polarisierung? 
       
       Ich denke nicht, dass es bloß eine Hälfte des Landes ist. Klar, Trump hat
       den Hass aus dem Untergrund geholt. Menschen, die sich zuvor nicht getraut
       haben, ihre Ansichten zu äußern, tun das jetzt. So wie die White
       Supremacists mit ihren Fackeln in Virginia. Die hatten keine verhüllten
       Gesichter, wie der Ku- Klux-Klan, sie fühlten sich sicher genug, ihre
       Gesicht zu zeigen. Das ist bedrohlich. Aber das steht keineswegs für die
       Mehrheit.
       
       Was ist mit dem Versuch, die Lokalmedien zu kontrollieren, wie es gerade am
       Beispiel der Sinclair Broadcast Group zu erkennen ist? 
       
       Es ist genau wie im Bereich Ökologie: Die Regierung hat hier nicht ein
       einziges Gesetz von Bedeutung auf den Weg gebracht, obwohl die Republikaner
       die Mehrheit im Kongress haben. Aber sie nimmt systematisch Schritt für
       Schritt jede Verordnung zurück, die unsere Umwelt schützt. Die einzelne
       Verordnung mag da nicht ins Gewicht fallen, aber zusammengenommen bringt
       das uns alle in Gefahr.
       
       Genauso verhält es sich gerade mit den Medien: Die Federal Communications
       Commission sorgt für Medienverdichtung zugunsten der Sinclair Broadcast
       Group, einem Konzern, der seine Vertragspartner verpflichtet,
       Meinungssegmente von Trump-Freunden auszustrahlen.
       
       Was bezweckt der Präsident damit? 
       
       Er versucht, nicht sehr erfolgreich, aber er versucht es, die Macht über
       die Medien zu konzentrieren, ebenso wie er versucht, die Macht über die
       Finanzwelt zu konzentrieren. Es ist eine Form von Größenwahn, die wir so
       bisher nicht kannten. Dazu kommt, dass er fasziniert ist von autoritären
       Staatsoberhäuptern wie Putin oder Duterte. Er versucht, sie zu imitieren.
       Und das stärkt wiederum diese autoritären Herrscher. Trump wird den
       Autoritarismus globalisieren. Es sei denn, die Zivilgesellschaft stellt
       sich ihm entgegen. Journalismus ist ein Weg, das zu tun.
       
       Auch seitens der Linken gibt es traditionell heftige Medienkritik. Es geht
       oft gegen „die Systemmedien“ oder „die Konzernmedien“. Sie selbst sprechen
       so. Ist es sinnvoll solche Pauschalurteile zu äußern – vor allem jetzt, da
       sich die Rechte dieser Rhetorik bedient? 
       
       Nun, die Medien, zusammengenommen, sind eben sehr mächtig. Das gilt in den
       USA besonders für die großen Sender. Auch unter Trump ist es unerlässlich,
       dass wir uns den kritischen Blick auf die Medien bewahren. Dass wir
       MedienkritikerInnen uns nicht zurückhalten, nur weil er an der Macht ist.
       Mein Kollege Jeremy Scahill hat mal gesagt: „Wir sind dieselben
       Journalistinnen und Journalisten, egal ob unter einer demokratischen oder
       einer republikanischen Regierung.“
       
       Sie finden nicht, dass JournalistInnen jetzt mehr füreinander einstehen
       sollten? 
       
       Die Medien wehren sich ja bereits. Aber wir müssen dennoch kritisch
       bleiben. Nicht nur Fox, auch die anderen Sender geben oft nur dem
       Establishment eine Stimme.
       
       Wen meinen Sie mit dem „Establishment“? 
       
       Eine kleine Gruppe von JournalistInnen zirkuliert immer um eine kleine
       Gruppe von PolitikerInnen in Washington. Diese Isolation muss man infrage
       stellen.
       
       Haben Sie das Gefühl, dass sie jetzt mehr infrage gestellt wird? 
       
       Die Sender sind geradezu geschockt von dem, wofür Trump steht. Sogar Fox.
       Dass sogar wissenschaftliche Fakten immer wieder hinterfragt werden, dass
       sich nicht einmal mehr auf grundlegende Tatsachen geeinigt werden kann. Das
       gesamte Establishment ist aufgewacht.
       
       Sie scheinen kein bisschen besorgt zu sein. 
       
       Nein, ganz und gar nicht. Ich glaube an die Stärke der Vereinigten Staaten.
       Natürlich sind das schwierige Zeiten. Aber zugleich kommt es gerade zu
       einem Wiederaufleben von sozialen Bewegungen, wie wir sie noch nicht
       gesehen haben.
       
       6 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Weissenburger
       
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