# taz.de -- NRW und belgische Atomkraftwerke: Laschet? Nie gehört!
       
       > Der NRW-Ministerpräsident erweckt den Eindruck, er verhandele hart über
       > das Aus von belgischen AKWs. Doch in Belgien weiß man davon nichts.
       
       BOCHUM taz | Im Streit über die maroden belgischen Atomkraftwerke Tihange
       und Doel gibt Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Armin Laschet gern
       den Macher: Die Reaktoren, in deren Druckbehältern Tausende kleine Risse
       gefunden wurden, müssten schnellstmöglich stillgelegt werden, fordert der
       Politiker aus Aachen an der belgischen Grenze immer wieder. Die
       „Abschaltung von Tihange“ habe „erste Priorität“, verkündete Laschet
       [1][noch im Dezember im Interview] mit dem Kölner Stadtanzeiger – und
       schlug ernsthaft vor, belgischen Atomstrom ausgerechnet durch Lieferungen
       aus massiv klimaschädlichen deutschen Braunkohlekraftwerken zu ersetzen:
       „Ich bin bereits mit Belgien im Gespräch.“
       
       Heute aber bescheren die forschen Töne dem Ministerpräsidenten, der bei den
       Koalitionsgesprächen auf Bundesebene auch Verhandlungsführer der Union für
       Energiepolitik ist, ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Denn von
       Gesprächen mit Laschet weiß die belgische Regierung nichts. Das geht aus
       der Antwort der belgischen Energieministerin Marie-Christine Marghem auf
       eine Anfrage hervor, die der Fraktionschef der Grünen im Brüsseler
       Parlament, Jean-Marc Nollet, auf Anregung des Grünen-Bundestagsabgeordneten
       Oliver Krischer gestellt hat.
       
       Die bisher letzten Gespräche zu Tihange und Doel habe sie noch mit dem
       Umweltminister der im Mai abgewählten rot-grünen NRW-Landesregierung,
       Johannes Remmel, geführt, schreibt Marghem. Der Grüne Remmel, der die
       maroden AKWs „Bröckelreaktoren“ getauft hat, habe ihr dabei am 14. Februar
       2017 eine Studie zur Sicherstellung der belgischen Energieversorgung
       vorgestellt.
       
       Über Kontakte zum Christdemokraten Laschet verliert die belgische
       Ministerin dagegen kein Wort. Angedacht sei allenfalls ein Treffen mit
       dessen auch für Energie zuständigen FDP-Wirtschaftsminister Andreas
       Pinkwart. Noch nicht einmal dafür stehe allerdings ein Termin fest, so eine
       Sprecherin – allerdings werde daran jetzt „mit Hochdruck“ gearbeitet. Auch
       Laschet selbst werde noch in diesem Monat zu politischen Gesprächen nach
       Belgien fahren, betonte der stellvertretende Regierungssprecher Moritz
       Kracht gegenüber der taz.
       
       Der Ministerpräsident rede zwar gern, werde „für das Abschalten der
       belgischen Schrottmeiler“ aber „nicht tatsächlich aktiv“, kritisiert
       dagegen die energiepolitische Sprecherin der Grünen im Düsseldorfer
       Landtag, Wibke Brems. „Laschet versucht, die Umweltbewegung zu spalten und
       AtomkraftgegnerInnen gegen KlimaaktivistInnen auszuspielen“, warnte auch
       Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg am
       Dienstagnachmittag auf dem Weg zu einer Demonstration vor Laschets
       Staatskanzlei. Dazu haben 13 Anti-Atom- und Umweltschutzinitiativen
       gemeinsam aufgerufen.
       
       Enttäuscht sind die UmweltaktivistInnen auch von Laschets Rolle in den
       Berliner Groko-Verhandlungen – schließlich werden das nur 57 Kilometer von
       Aachen entfernte Tihange ebenso wie Doel mit Atombrennstoff ausgerechnet
       aus deutscher Produktion versorgt. „Bisher wurde nur vereinbart, ein Ende
       der Brennstofflieferungen aus der Urananreicherungsanlage Gronau und der
       Brennelementefabrik Lingen prüfen zu wollen“, sagt Eickhoff – dabei liegen
       auch SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks längst Gutachten vor,
       nach denen die rechtssichere Schließung beider Anlagen möglich ist. „Eine
       Prüfung ist uns viel zu wenig“, sagt Eickhoff deshalb: „Wir fordern die
       sofortige Abschaltung dieser Atomfabriken.“
       
       6 Feb 2018
       
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 (DIR) [1] https://www.ksta.de/nrw/ministerpraesident-laschet-im-interview--das-akw-tihange-ist-eine-gefahr-fuer-nrw--29303146
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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