# taz.de -- Proteste im Hambacher Forst: Prozess gegen Kohlegegner gestoppt > Nach sieben Wochen U-Haft: Aktivisten des Hambacher Forsts kommen frei. > Der Prozessauftakt scheitert wegen Schlamperei der Behörden. (IMG) Bild: Seit 2012 kämpfen Umweltaktivist*innen gegen die Rodung des Hambacher Forstes KERPEN/AACHEN taz | Aufgerufen wurde „die Strafsache gegen UP“. UP steht für unbekannte Person. Vier solcher UPs, vor dem Amtsgericht Kerpen bei Köln fein säuberlich als UP1, UP2, UP3 und UP11 katalogisiert, standen am Donnerstag Nachmittag vor Gericht. Vorwurf: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Widerstand, als 504 Polizeikräfte mit schwerem, teils gepanzertem Gerät am 22. Januar im winterlich ruhenden Hambacher Forst, der den Braunkohlebaggern weichen soll, Barrikaden wegräumen wollten. Die 504 Beamten taten das ohne Not, weil die weitere Rodung vom Oberverwaltungsgericht bis mindestens Oktober 2018 ausgesetzt ist. Die UPs hatten sich angekettet oder in tiefen Erdlöchern vergraben. Nach erzwungener Befreiung und Festnahme verschwiegen sie ihre Identität. Die Fingerkuppen waren mit Klebstoff verätzt, das verhindert Fingerabdrücke. Name, Alter, Nationalität, Wohnsitz – bis heute unbekannt. Das Waldschützer-Quartett war – noch ungewöhnlicher als ihre nicht feststellbaren Personalien – in U-Haft gekommen, wegen angeblicher Fluchtgefahr: JVA Köln-Ossendorf, sieben lange Wochen lang. Vor Gericht wurden sie in Handschellen vorgeführt. Bevor aber überhaupt die Anklage verlesen werden konnte, musste die Richterin den Termin absagen. Es fehlten Unterlagen der Behörden – die Justiz hatte offenbar schlampig gearbeitet, sieben lange Wochen lang. Drei UPs, davon zwei sehr junge Frauen, sind minderjährig, wie Gutachter feststellten. U-Haft aufgehoben, entschied die Richterin. Das Verfahren kommt vor die Jugendstrafkammer. UP3 bleibt in U-Haft, er soll ein Messer dabei gehabt haben. Unklar blieb, welchen Straftatbestand der Besitz eines Schneidewerkzeugs erfüllt, zumal der Besetzer seine Arme in einer Röhre eingeklemmt hatte. ## „Abfahrt unter Wolfsgeheul“ Einige Dutzend Sympathisanten, die zeitweilig noch den Abtransport von UP3 aus dem Gericht durch Sitzblockaden verhindert hatten, feierten die Groteske: „19.25 Uhr: Abfahrt unter Wolfsgeheul.“ Die Kohleverbrenner von RWE heizen die Stimmung derweil an. Über die Situation des besetzten Waldes ließ Frank Weigand, Chef von RWE-Power, den Kölner Stadt-Anzeiger wissen: „Gewalt ist dabei fast schon eine verharmlosende Bezeichnung.“ Und: „Die Aktionen richten sich gegen unser Gesellschaftssystem.“ Und dann durfte Weigand im Gespräch noch schnell den Säure-Angriff auf Finanzvorstand Bernhard Günther von Noch-Tochter Innogy vor wenigen Tagen kommentieren: Das habe ihn „persönlich sehr getroffen, geschockt und fassungslos gemacht“. Verständlich – aber was das mit dem Braunkohle-Widerstand zu tun hat? Nicht bekannt bislang. 16 Mar 2018 ## AUTOREN (DIR) Bernd Müllender ## TAGS (DIR) Schwerpunkt Hambacher Forst (DIR) Untersuchungshaft (DIR) Sitzblockade (DIR) Umweltbewegung (DIR) RWE (DIR) Schwerpunkt Hambacher Forst (DIR) Schwerpunkt Hambacher Forst (DIR) Braunkohle (DIR) Schwerpunkt Hambacher Forst (DIR) Schwerpunkt Hambacher Forst (DIR) Schwerpunkt Hambacher Forst ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Gastkommentar zum Hambacher Forst: Kampf um das veraltete Geschäft RWE zerstört schäbigerweise kurz vorm Ende der Kohle noch Wald im Hambacher Forst. Nur ein Moratorium kann den Wald noch retten. (DIR) Kolumne Geht's noch?: Musik ist gefährlich Eine junge Frau trommelte bei Protesten im Hambacher Forst. Sie wurde festgenommen, kam in U-Haft – und wurde jetzt verurteilt. (DIR) 40 Jahre Braunkohlewiderstand: „Besetzer sind ein idealer Hingucker“ Der Beginn des Widerstands gegen die Tagebaue im Rheinland jährt sich zum 40. Mal. Fast so lange ist der Waldpädagoge Michael Zobel dabei. (DIR) Kahlschlag im Hambacher Forst: Die Justiz ist wieder am Zug 2017 hatte die Arnsberger Bezirksregierung die Rodungen für den Braunkohlebau vorläufig gestoppt. Nun rudert sie wieder zurück – was jetzt? (DIR) Baumhäuser im Hambacher Forst: Gericht stoppt Rodung, Besetzer feiern Der Wald muss weg, sagt RWE. Der Wald bleibt, verlangen die Besetzer. Über den militanten Widerstand gegen den Braunkohleabbau. (DIR) Proteste im Hambacher Forst: Sprühte die Polizei ohne Anlass? Die Polizei sagt, sie habe Pfefferspray gegen Steinewerfer im Hambacher Forst eingesetzt. Videos von den Szenen zeigen aber keine Steinwürfe. (DIR) Kohleabbau im Hambacher Forst: Gericht stoppt die Rodungen Bei der Rodung des Hambacher Forstes gab es heftige Konflike zwischen Polizei und Aktivisten. Nun hat das Oberverwaltungsgericht die Rodung vorläufig gestoppt.